Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein jäher Fall, aber immerhin noch dabei! Das kann man von dem fetzigen Krimi DARK von Candice Fox sagen, der im Januar auf Anhieb auf Platz 1 stürmte und nun auf den siebten Platz abstürzte. Natürlich wäre für andere Platz 7 schon der reinste Himmel, aber es kommt immer auf die Perspektive an“.
Das locker geschriebene Buch, das man wie von alleine liest, entwickelt einen Sog, geschickt gemacht, aber so mitten drinnen ist man sich auf einmal nicht sicher, ob das nicht alles eine Parodie ist, nämlich eine Parodie auf die Krimileser, die mit exzentrischen Personen und exzentrischer Handlung immer noch einen drauf gemacht bekommen wollen. Das bedient Candice Fox locker. Aber wie das so ist, wenn der Zweifel aufkommt, dann ist die vergnügte Lockerheit beim Lesen weg. Man spürt die Absicht und ist verstimmt. Dabei ist es ja eine eingebildete Absicht.
Grundsätzlich ist die Konstellation schon irre. Da gibt es eine Frau, eine Ärztin namens Blair Harbour, die gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde, in dem sie wegen Mordes saß, den sie nie begangen hatte. Das geht einem an die Nieren, vor allem wie hilflos sich diese Frau, naiver als die Polizei erlaubt, gebärdet. Aber die alte Weisheit, daß es der Herr den Gerechten im Schlaf gibt, gilt auch hier, denn Blair wird - mit Blessuren zwar - das ganze Drama überleben.
Eine andere, fast tragische Figur ist die Polizistin Jessica Sanchez. Die erbt nämlich ein 7-Millionen-Haus. Den verstorbenen Mister Beauvoir hat sie zusammen mit zwei Kollegen aus der Bredouille gerettet, aber wenn man genau hinschaut, war sie es alleine, die in langen Gesprächen von ihm die Information bekam, die nötig war, um einen ekligen Fall zu lösen. Aber – und dieser Krimi ist wieder einer zum Abgewöhnen, überhaupt die Polizei einzuschalten – wir reden ja nicht von hier, sondern vermutlich von Kalifornien – die Polizisten sind nicht nur korrupt, sondern ihrer Kollegin gegenüber eindeutig kriminell. Sie wollen mit Gewalt gegenüber Jessica und deren Erniedrigung erzwingen, daß diese entweder die Erbschaft, das Haus, ablehnt oder die beiden Kollegen als Miteigentümer eintragen läßt. Doch dazu gibt es keinen Anlaß.
Daß ihr das Haus zunehmend gefällt, liegt auch ein wenig am Nachbarsjungen, dem kleinen Jamie, der ihr frohgemut erzählt, seine Mutter sei im Gefängnis, sie habe jemanden umgebracht. Aber es sei ein Fehler der Polizei gewesen! War es auch und den Fehler hatte Jessica gemacht und Blair ans Messer geliefert, an das sie nicht gehörte. Sie war schwanger, das Kind ist in der Haft geboren. Man sieht also schon, wie im prallen Leben. Der Junge lebt bei einer Freundin der Mutter, die keine Kinder gebären kann und die nicht daran denkt, den Kontakt zwischen Kind und Mutter zu fördern. Und Blair ist ja auf Bewährung draußen, da bekommt man kein Sorgerecht für sein Kind. Schwierig alles.
Los geht das Ganze, als die entlassene Blair in einer Tankstelle den Nachtservice übernommen hat und eines Tages von einer jungen Frau überfallen wird, die genauso viel Angst hat wie sie selber und Geld will. Daß sie statt die Polizei zu rufen – Achtung, warum sollte sie der trauen – lieber das erpreßte Geld aus eigener Tasche in die Kasse lzurückegt, wird der Auftakt zu einem irren Geschehen, an dem weitere Frauen beteiligt sind. Erst später wird sich nämlich herausstellen, daß die junge Frau jene Dayly ist, die die geschickteste Diebin der Welt, Sneak Lawlor, angstvoll vermißt. Es ist ihre Tochter und es ist etwas Schlimmes geschehen. Damit wären schon zwei Frauen, die von Dayly wissen.
Und obwohl Blair keinen Anlaß hat, sich mit Jessica, ihrer Ermittlerin, irgendwie zusammenzutun, ist sie doch ein guter Kerl und beißt in den saueren Apfel. Sneak und Blair versuchen erst vergeblich, dann aber erfolgreich Jessica als Dritte im Bunde zur Suche zu motivieren. Aber alles wäre sinnlos ohne Ada Maverick. Das ist nun wirklich die ungewöhnlichste Gangsterin der Zeitgeschichte, die man sich nach der Schilderung als ein Superweib vorstellt, in schwarzem Leder, eine echte Domina. Blair kennt sie aus dem Gefängnis, wo sie etwas für sie tat. Ada allerdings tut nur etwas zum eigenen Nutzen. Ist aber solch ein Kraftbolzen, außerdem steinreich, daß die Drei sie brauchen können und ihr gerne viel vom Gewinn überlassen wollen, denn längst haben sie rausbekommen, daß Dayly den großen Coup machen will, weil sie weiß, wo eine Geheimkarte einen großen Goldfund festgehalten hat, den sie bergen will.
Tja, nicht so hoch hinaus, es geht übel aus. Aber die vier Frauen überleben, Jessica kündigt bei der Polizei und wird mit dem Haus im Rücken eine private Detektei eröffnen. Blair ist glücklich, weil nichts dagegen spricht, daß sie das Sorgerecht für ihren Sohn wieder erhält. Nur Sneak hat zu knabbern, daß....aber man kann ja nicht alles verraten.
FORTSETZUNG FOLGT
KRIMIBESTENLISTE IM FEBRUAR
1 (4) Tim MacGabhann: „Der erste Tote“
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Suhrkamp, Berlin 2020
274 Seiten, 15,95 Euro
Poza Rica, Mexiko. Blutiges Erdöl. Der irische Journalist Andrew und der Fotograf Carlos stolpern über einen massakrierten Öko-Aktivisten. Als auch Carlos ermordet wird – von einem Polizisten –, überwindet Andrew seine Angst und recherchiert: Staat und US-Konzerne vereint gegen Natur und Indigene.
2 (10) David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“
Aus dem Englischen von Sven Koch
Suhrkamp, Berlin 2020
327 Seiten, zehn Euro
David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“ (Suhrkamp / Deutschlandradio)
Perth 1983. Ex-Superintendent Swann, jetzt Privatdetektiv, soll dem neuen Premier die unsauberen Wege ebnen. Mit und gegen Bikerklubs, korrupte Polizeibanden, lokale Gangster, Baulöwen und Spindoctors. Swann verfolgt seine eigene Agenda: treu, mit leichten Skrupeln, kompromisslos clever und rau.
3 (6) Samantha Harvey: „Westwind“
Aus dem Englischen von Steffen Jacobs
Atrium, Hamburg 2020
382 Seiten, 22 Euro
„Oakham“, Somerset 1491. Der reichste Mann des ärmsten Dorfes ist tot, der Dekan steckt seine Nase in alle Ritzen, Pfarrer John Reve möchte nicht „Richter und Sheriff“ zugleich sein. Als ließe sich die Zeit zurückdrehen, erzählt Reves Ich vier Tage rückwärts: Scham, (geistige) Armut, Lügen.
4 (2) Dominique Manotti: „Marseille.73“
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne im Argumentverlag, Hamburg 2020
400 Seiten, 23 Euro
Als ein verrückter Araber einen Busfahrer ersticht, legen die Fremdenhasser los. Malek, 16, Berufsschüler, wird niedergeschossen. Commissaire Daquin und sein Team agieren taktisch klug und fast allein gegen Ausländerhass, Mordwut, Verlustangst, Rassisten im Apparat. All das gab es schon in Marseille 1973.
5 (- ) Stephen Hunter: „Im Visier des Snipers“
Aus dem Englischen von Patrick Baumann
Festa-Verlag, Leipzig 2020
592 Seiten, 14,99 Euro
Vier Heroen der Antikriegsbewegung niedergeschossen, Präzisionsarbeit. Ex-Marine Bob Lee Swagger wird vom FBI angeheuert: Nur Scharfschützen können Scharfschützen jagen. Ein legendärer Vietnam-Veteran wird verdächtigt, aber Swagger stellt die wahren Übeltäter und rettet die Ehre seiner Profession.
(-) Graham Moore: „Verweigerung“
Übersetzt von André Mumot
Eichborn, Köln 2020
400 Seiten, 22 Euro
Los Angeles. Vor zehn Jahren hat Maya als Jurymitglied verhindert, dass ein Schwarzer wegen Mordes an der 15-jährigen Tochter eines Immobilien-Tycoons verurteilt wurde. Heute ist Maya Anwältin, die alte Jury kommt wieder zusammen. Tot in ihrem Hotel: der Widersacher von damals. Im Zweifel für die Täuschung.
7 (1) Candice Fox: „Dark“
Aus dem Englischen von Andrea O‘Brien
Suhrkamp, Berlin 2020
394 Seiten, 15,95 Euro
Los Angeles. Irgendwo ist die Beute von einem Bankraub versteckt. Aber das spielt erst mal keine Rolle, denn die Tochter der Diebin Sneak ist verschwunden. Vier Frauen – eine Ärztin und verurteilte Mörderin, eine Polizistin, eine Gangsterin und die Mutter – suchen sie. Im Dunkel des Sunshine State. Rabiat.
8 (5) Robert Galbraith: „Böses Blut“
Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Blanvalet, München 2020
1194 Seiten, 26 Euro
London, Cornwall. Strike und Robin haben einen Cold Case: Vor 40 Jahren verschwand eine Ärztin. Ein Serienmörder ist verdächtig, jetzt will die Tochter Wahrheit. Ergebnis wie Lösungsweg können Vorurteile Hegenden nicht gefallen. Galbraith seziert Beziehungszwänge. Gekonnt weitschweifige Bösartigkeit.
9 (-) Doug Johnstone: „Der Bruch“
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Polar, Stuttgart 2021
308 Seiten, 20 Euro
Edinburgh. Tyler, 17, zwischen allen Stühlen. Er sorgt für Schwester Bean, sieben, und Junkie-Mum Angela, hilft Bruder Barry einbrechen. Als Psycho Barry die Frau eines Gangsterbosses absticht, sind auch noch die Bullen hinter ihm her. Brutales Sozialdrama, voller Bitterkeit mit einem Tröpfchen Sentimentalität.
10 (8) Nicci French: „Eine bittere Wahrheit“
Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
C. Bertelsmann, München 2
„Okeham“, England. Tabitha ist in das Dorf ihrer Jugend zurückgekehrt, hat den Lehrer von damals tot im Schuppen gefunden und sitzt jetzt unter Mordanklage in Untersuchungshaft: Depressiv, von Medikamenten benebelt, sich selbst verteidigend ohne Beistand. Psychologisch fein, leise Spannung.020
506 Seiten, 16 Euro
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Diezukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 19 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Dezember 2020
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20678-goetter-und-tiere-von-denise-mina-von-ariadne-weiterhin-auf-platz-
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20679-platz-6-eric-plamondon-mit-taqawan-aus-dem-lenos-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20680-platz-1-denise-mina-goetter-und-tiere-ariadne-im-argument-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20735-die-guten-krimis-von-gestern-annas-rendon-steph-cha-u-a
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20733-real-tigers-von-mick-herron-von-diogenes-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20894-platz-9-und-10-ungewoehnliche-amerikanische-verbrecher-damals-1919-und-heute
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Januar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20958-dark-von-candice-fox-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20962-dominique-manotti-mit-marseille-73-von-ariadne-bleibt-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20972-unter-den-ausgeschiedenen-kalmann-von-joachim-b-schmidt
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21031-unter-den-ausgeschiedenen-heisses-blut-von-un-su-kim
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21023-unter-den-ausgeschiedenen-dammbruch-von-robert-brack
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21050-neu-auf-platz-8-nicci-french-mit-eine-bittere-wahrheit
konnten wir noch nicht besprechen, das wollten wir im Zusammenhang mit der Februarliste leisten, aber, siehe Teil 1, leider ist DIE RESIDENTUR einfach weggefallen. Deshalb wird im nächsten Teil, in Teil 3, eine Besprechung folgen!
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Februar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21208-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21211-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21226-dark-von-candice-fox-aus-dem-suhrkamp-verlag-auf-platz-7
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21248-westwind-von-samantha-harvey-im-atrium-verlag-auf-platz-3
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21249-boeses-blut-von-robert-galbraith-verlag-blanvalet-auf-dem-achten-rang
KRIMIBESTENLISTE IM FEBRUAR
1 (4) Tim MacGabhann: „Der erste Tote“
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Suhrkamp, Berlin 2020
274 Seiten, 15,95 Euro
Poza Rica, Mexiko. Blutiges Erdöl. Der irische Journalist Andrew und der Fotograf Carlos stolpern über einen massakrierten Öko-Aktivisten. Als auch Carlos ermordet wird – von einem Polizisten –, überwindet Andrew seine Angst und recherchiert: Staat und US-Konzerne vereint gegen Natur und Indigene.
2 (10) David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“
Aus dem Englischen von Sven Koch
Suhrkamp, Berlin 2020
327 Seiten, zehn Euro
David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“ (Suhrkamp / Deutschlandradio)
Perth 1983. Ex-Superintendent Swann, jetzt Privatdetektiv, soll dem neuen Premier die unsauberen Wege ebnen. Mit und gegen Bikerklubs, korrupte Polizeibanden, lokale Gangster, Baulöwen und Spindoctors. Swann verfolgt seine eigene Agenda: treu, mit leichten Skrupeln, kompromisslos clever und rau.
3 (6) Samantha Harvey: „Westwind“
Aus dem Englischen von Steffen Jacobs
Atrium, Hamburg 2020
382 Seiten, 22 Euro
„Oakham“, Somerset 1491. Der reichste Mann des ärmsten Dorfes ist tot, der Dekan steckt seine Nase in alle Ritzen, Pfarrer John Reve möchte nicht „Richter und Sheriff“ zugleich sein. Als ließe sich die Zeit zurückdrehen, erzählt Reves Ich vier Tage rückwärts: Scham, (geistige) Armut, Lügen.
4 (2) Dominique Manotti: „Marseille.73“
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne im Argumentverlag, Hamburg 2020
400 Seiten, 23 Euro
Als ein verrückter Araber einen Busfahrer ersticht, legen die Fremdenhasser los. Malek, 16, Berufsschüler, wird niedergeschossen. Commissaire Daquin und sein Team agieren taktisch klug und fast allein gegen Ausländerhass, Mordwut, Verlustangst, Rassisten im Apparat. All das gab es schon in Marseille 1973.
5 (- ) Stephen Hunter: „Im Visier des Snipers“
Aus dem Englischen von Patrick Baumann
Festa-Verlag, Leipzig 2020
592 Seiten, 14,99 Euro
Vier Heroen der Antikriegsbewegung niedergeschossen, Präzisionsarbeit. Ex-Marine Bob Lee Swagger wird vom FBI angeheuert: Nur Scharfschützen können Scharfschützen jagen. Ein legendärer Vietnam-Veteran wird verdächtigt, aber Swagger stellt die wahren Übeltäter und rettet die Ehre seiner Profession.
(-) Graham Moore: „Verweigerung“
Übersetzt von André Mumot
Eichborn, Köln 2020
400 Seiten, 22 Euro
Los Angeles. Vor zehn Jahren hat Maya als Jurymitglied verhindert, dass ein Schwarzer wegen Mordes an der 15-jährigen Tochter eines Immobilien-Tycoons verurteilt wurde. Heute ist Maya Anwältin, die alte Jury kommt wieder zusammen. Tot in ihrem Hotel: der Widersacher von damals. Im Zweifel für die Täuschung.
7 (1) Candice Fox: „Dark“
Aus dem Englischen von Andrea O‘Brien
Suhrkamp, Berlin 2020
394 Seiten, 15,95 Euro
Los Angeles. Irgendwo ist die Beute von einem Bankraub versteckt. Aber das spielt erst mal keine Rolle, denn die Tochter der Diebin Sneak ist verschwunden. Vier Frauen – eine Ärztin und verurteilte Mörderin, eine Polizistin, eine Gangsterin und die Mutter – suchen sie. Im Dunkel des Sunshine State. Rabiat.
8 (5) Robert Galbraith: „Böses Blut“
Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Blanvalet, München 2020
1194 Seiten, 26 Euro
London, Cornwall. Strike und Robin haben einen Cold Case: Vor 40 Jahren verschwand eine Ärztin. Ein Serienmörder ist verdächtig, jetzt will die Tochter Wahrheit. Ergebnis wie Lösungsweg können Vorurteile Hegenden nicht gefallen. Galbraith seziert Beziehungszwänge. Gekonnt weitschweifige Bösartigkeit.
9 (-) Doug Johnstone: „Der Bruch“
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Polar, Stuttgart 2021
308 Seiten, 20 Euro
Edinburgh. Tyler, 17, zwischen allen Stühlen. Er sorgt für Schwester Bean, sieben, und Junkie-Mum Angela, hilft Bruder Barry einbrechen. Als Psycho Barry die Frau eines Gangsterbosses absticht, sind auch noch die Bullen hinter ihm her. Brutales Sozialdrama, voller Bitterkeit mit einem Tröpfchen Sentimentalität.
10 (8) Nicci French: „Eine bittere Wahrheit“
Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
C. Bertelsmann, München 2
„Okeham“, England. Tabitha ist in das Dorf ihrer Jugend zurückgekehrt, hat den Lehrer von damals tot im Schuppen gefunden und sitzt jetzt unter Mordanklage in Untersuchungshaft: Depressiv, von Medikamenten benebelt, sich selbst verteidigend ohne Beistand. Psychologisch fein, leise Spannung.020
506 Seiten, 16 Euro
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Diezukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 19 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Dezember 2020
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20678-goetter-und-tiere-von-denise-mina-von-ariadne-weiterhin-auf-platz-
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20679-platz-6-eric-plamondon-mit-taqawan-aus-dem-lenos-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20680-platz-1-denise-mina-goetter-und-tiere-ariadne-im-argument-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20735-die-guten-krimis-von-gestern-annas-rendon-steph-cha-u-a
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20733-real-tigers-von-mick-herron-von-diogenes-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20894-platz-9-und-10-ungewoehnliche-amerikanische-verbrecher-damals-1919-und-heute
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Januar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20958-dark-von-candice-fox-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20962-dominique-manotti-mit-marseille-73-von-ariadne-bleibt-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20972-unter-den-ausgeschiedenen-kalmann-von-joachim-b-schmidt
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21031-unter-den-ausgeschiedenen-heisses-blut-von-un-su-kim
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21023-unter-den-ausgeschiedenen-dammbruch-von-robert-brack
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21050-neu-auf-platz-8-nicci-french-mit-eine-bittere-wahrheit
konnten wir noch nicht besprechen, das wollten wir im Zusammenhang mit der Februarliste leisten, aber, siehe Teil 1, leider ist DIE RESIDENTUR einfach weggefallen. Deshalb wird im nächsten Teil, in Teil 3, eine Besprechung folgen!
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Februar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21208-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21211-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21226-dark-von-candice-fox-aus-dem-suhrkamp-verlag-auf-platz-7
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21248-westwind-von-samantha-harvey-im-atrium-verlag-auf-platz-3
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21249-boeses-blut-von-robert-galbraith-verlag-blanvalet-auf-dem-achten-rang