erschienen bei Diogenes, führt den israelischen Ermittler Avi Avraham bei seinem dritten Fall vor
Claudia Schulmerich8
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dieser dritte von Mishani zu Papier gebrachte Fall des Oberinspektors Avi Avraham, gerade zum Leiter der Ermittlungsbehörde von Cholon-Ayalon bestellt, die zuvor die nun todkranke Ilana Liss einnahm, mit der er sich im ständigen Gedankenaustausch sicher fühlte, zeigt ihn ratlos, zumal der unterlegene Mitbewerber ihn in diesem Fall in die Pfanne hauen will, was schwer wiegt, weil der sensible Avraham gerade aus Belgien mit der dorthin emigrierten Marianka aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Tel Aviv einfliegt. Die beiden wollen es gemeinsam in seiner Wohnung in Cholon, einem Vorort Tel Avis probieren.
Das ist keine Kleinigkeit angesichts ihrer Sprachprobleme und der Abneigung ihrer Eltern gegen den Orts- und Partnerwechsel. Aber auch hier bleibt das Verhältnis der beiden keine Privatangelegenheit, sondern wird durch die analysestarke Frau, die ihm am Schluß sein Verhalten ihr gegenüber fast als Zwang, für alles und auch für sie ständig Verantwortung zu übernehmen, attestiert (was ihre Freiheit einschränkt), geradewegs in die Problematik seiner Ermittlungsarbeit – sein erster Mord! - führen. Im Kern ist das ein selten so konsequent durchkomponierter psychologischer Krimi, was für alle Hauptbeteiligten: für den Ermittler und das Ehepaar Jacob ‚Coby‘ und Masal ‚Mali‘ Bengtson (nein, nichts zu tun mit Liza Marklunds Ermittlerin Annika Bengtzon).
Als er vom Mord an der sechzigjährigen Lea Jäger hört, erschrickt Avi gehörig, kennt er sie doch, sie wurde vor Jahren vergewaltigt, der Täter gefaßt, verurteilt und sitzt im Gefängnis. Das Thema VERGEWALTIGUNG und deren Folgen ist der heimliche Lehrplan dieses Falls, den wir durch Innenschau und inneres Sprechen von zwei Personen mitbekommen: Avi und Mali. Denn auch die bei einer Bank beschäftigte, sehr gut beleumdete Mali ist bei einer Dienstreise in Eilat vergewaltigt worden, an deren Folgen, Panikattacken, wenn sie die Hand des Vermummten an ihrem Hals spürt – daher DIE SCHWERE HAND – sie noch immer leidet.
Daran leidet aber auch ihr Ehemann, ein aus Australien zugezogener blonder Schlacks, der einfach in Israel nicht richtig ankommt. Nach verschiedenen Stellen im Sicherheitsbereich, ist er nun arbeitslos. Sein Psychogramm ist Kern der Geschichte, wobei erneut auf die Ermittlungsarbeit von Avi verwiesen werden muß. Er ist, siehe oben, ein Planer von menschlichen Begegnungen, bereitet mental alles vor, auch seine Fragen, die er dem Verdächtigen stellen will und ist dann hilflos, wenn die Versuchsanordnung eine andere ist, der Verdächtige selber kommt – oder noch schlimmer, seine ihn liebende und ihm helfen wollende Frau. Denn ihr und Avis Wissensstand ist unterschiedlich und er wird am Schluß mit sich hadern, daß er sie nicht aufgeklärt hat.
Sie will die Manie, ach was Zwangshandeln, beenden, das ihren Mann ergriffen hat, der Vergewaltigungsopfer in Polizeiuniform aufsucht und ihnen suggeriert, sie müßten erneut, aber diesmal ganz detailliert die Vergewaltigung schildern, was er aufnimmt. Und was er auch mit ihr mehrmals durchexerziert hat.
Avi dagegen will durch sie den Mörder der Lea Jäger überführen, weil er ihren Mann Coby für den Täter hält.
Hätte er ihr das gesagt, hätte sie ihren Mann nicht in die Polizeibehörde gelockt, wo ein Unglück geschieht und sie sich für ihr Leben schuldig fühlen wird.
Da haben wir also zwei Personen, die sich an allem die Schuld geben. Aber lieber sich zu viel Schuld geben, als wie die meisten, die Schuld immer den anderen zuschieben!
Allerdings dauert einen die ständig vor sich hinräsonierende Mali, die schwanger ist, wovon niemand weiß, und in deren Zentrum auch noch die beiden kleinen Töchter aufgehoben sind, sehr.
Nachbemerkung: Dieser Roman ist original 2015 erschienen. In deutscher Übersetzung bei Paul Zsolnay 2018 und jetzt bei Diogenes. Es gibt aber noch weitere Taschenbuchausgaben. Weitere bei Diogenes erschienene Krimis von Mishani sind auch zuvor bei Zsolnay herausgekommen. VERTRAUEN dagegen, der vierte Avraham Kriminalroman ist gleich bei Diogenes erschienen, wo schon zuvor Mishanis DREI Furore machte.
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Dror Mishani, Die schwere Hand, Diogenes Verlag 2023
ISBN 978 3 257 24708 4