Nationale und internationale Preisträger des DEUTSCHEN KRIMI PREIS 2016, Teil 1
Elisabeth Römer
Bochum (Weltexpresso) – Stimmt schon, die Namen sind einem inzwischen geläufig. Denn der eine und der andere war auch in der KrimiBestenListe der ZEIT vorhanden – und vor allem in den monatlichen Wertungen der zehn besten Krimis. Dieser Deutsche Krimi Preis wird nunmehr zum 32. Mal verliehen.
Mit dem Deutschen Krimi Preis werden nämlich seit 1985 alljährlich Autorinnen und Autoren gewürdigt, die literarisch gekonnt und inhaltlich originell dem Genre neue Impulse
geben. Unter der organisatorischen Obhut des Bochumer Krimi Archivs hat die Jury - der
führende Krimi-Kritiker und Krimi-Buchhandlungen angehören - die Neuerscheinungen
des Jahres 2015 kritisch und unabhängig geprüft.
Der Deutsche Krimi Preis 2016 geht an:
NATIONAL:
1. Platz: Friedrich Ani: Der namenlose Tag (Suhrkamp)
2. Platz: Merle Kröger: Havarie (Argument)
3. Platz: Zoë Beck: Schwarzblende (Heyne)
1. Platz: Friedrich Ani: Der namenlose Tag (Suhrkamp)
Kriminalhauptkommissar Jakob Franck ist seit zwei Monaten im Ruhestand und glaubt nun, ein Leben jenseits der Toten beginnen zu können. Vor zwanzig Jahren hatte er der Mutter einer toten Siebzehnjährigen beigestanden. Jetzt nimmt Ludwig Winther mit ihm Kontakt auf, der Vater des jungen Mädchens. Er glaubt nicht an den Selbstmord der Tochter durch Erhängen: Seiner Meinung nach kann es sich nur um Mord handeln.
»Der namenlose Tag« erzählt eine Geschichte, in der das Schweigen zur großen Schuld wird, zur seelischen Last, die eines Tages ganz unerwartet nicht mehr zu tragen, zu ertragen ist. Ein Kriminalroman großen Formats.
(Volker Albers, Hamburger Abendblatt)
2. Platz: Merle Kröger: Havarie (Ariadne bei Argument)
Ein Kreuzfahrtschiff, ein Containerschiff, ein Schlauboot mit Flüchtlingen aus Algerien – im Mittelmeer kreuzen sich ihre Wege. Für manche bringt diese Begegnung eine entscheidende Wende im Leben, manche finden den Tod, andere ein neues Leben. Unberührt lassen diese zwei Nächte und ein Tag niemanden – auch die Leser nicht.
»Havarie« von Merle Kröger ist ein vielschichtiger Roman. Über die Begegnung der Schiffe hat die Autorin ebenfalls einen Film gedreht, der unter dem gleichen Titel 2016 erscheinen wird. Die Filmidee hat Spuren im Buch hinterlassen: knappe Kapitel, klare Schnitte, kurze Passagen wie aus einem Drehbuch – die reine Erzählform wird aufgebrochen. (…) So überschreitet der Roman die Grenze zur Dokumentation, bleibt doch rein fiktiv – ein facettenreicher, kluger, mutiger und komplexer Roman.
(Dr. Kirsten Reimers)
3. Platz: Zoë Beck: Schwarzblende (Heyne)
London. Der Kameramann Niall Stuart wird unfreiwillig Zeuge, als zwei junge Männer einen Soldaten in zivil grundlos angreifen und töten. Niall nimmt die Szene mit seinem Handy auf. Einer der Täter kommt zu ihm, das blutige Messer noch in der Hand, und bekennt, dass er den Mord im Namen Allahs begangen hat. Sein Komplize schwenkt die Flagge des Islamischen Staats. Als Niall wenig später den Auftrag erhält, eine Dokumentation über den Fall zu drehen, ahnt er nicht, dass er mit grausamer Absicht für diese besondere Aufgabe ausgewählt wurde.
Zoë Beck hat mit »Schwarzblende« ein empfehlenswertes Buch geschrieben: intelligent, ohne gebildet zu erscheinen. Aktuell, aber nicht moralisch, und bemerkenswert undeutsch. Das beginnt schon damit, dass die Deutsche Zoë Beck Krimis schreibt, die in England und nicht in deutschen Provinzen spielen. Dort versteckt sich Zoë Beck nicht wohlfeil in wohligen Landhäusern, sondern wagt sich hinaus in die quirlig chaotische Großstadt London. Ein großstädtischer Krimi aus heimatlichen Landen, allein das schon ein Wunder.
(Andreas Ammer, Deutschlandfunk)
Kommentar:
Damit tauscht diese Jury die Plätze der anderen Jury, die der KrimiBestenListe der ZEIT, auf den ersten beiden Plätzen aus. Dort galt der erste Rang Merle Kröger mit HAVARIE. Das ist gehuppt wie gesprungen, wobei uns das schon gefallen hat, daß eine Frau Platz 1 einnimmt. Aber bei dem Deutschen Krimi Preis sind dafür zwei Frauen auf den ersten drei Plätzen. SCHWARZBLENDE von Zoë Beck hat uns gar zu gut gefallen. Daß dieser Roman bei der Zehnerauswahl der KrimiBestenListe überhaupt nicht vorkam, hat uns gestört. Das liegt aber daran, daß diese Liste nicht zwischen deutschen und internationalen Autoren unterscheidet.
Damit käme sie auch nicht weit, denn dann würde sich herausstellen, daß überwiegend nichtdeutschsprachige Autoren die Liste bevölkern. Das hat Gründe. Denn nicht jeder Detektiv ist ein guter Detektiv. Die Geschichte von den Hartgesottenen werden bevorzugt. Es ist nämlich ein altes Laster der dortigen Jury, diese betont männlichen am Idealbild des hardboiled detectivs geschulten Ermittler zu bevorzugen. So etwas nennt man Archetypus, dem diese auch meist mit mehr Männern als Frauen besetzte Jury aufsitzt. Aber diesen Hartgesottenen gehört nicht unbedingt die Zukunft.
Foto:
Auch hier nehmen wir den Drittplazierten, weil die anderen Titel sooft zu sehen waren.
Info:
Der Deutsche Krimi Preis ist nicht dotiert. Eine öffentliche Preisverleihung findet auch
in diesem Jahr nicht statt.
Die Jury:
Volker Albers (Hamburger Abendblatt) / Andreas Ammer (ARD) / Jens Dirksen (WAZ Kultur) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Tobias Gohlis (Die Zeit) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Günther Grosser (Kritiker) / Nele Hoffmann (Literaturwissenschaftlerin) / Cornelia Hüppe
(Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimiarchiv) / Hermann Kling / Alf Mayer (Kritiker) / Peter Münder (SWR) / Wolfgang Niess (SWR) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Buchhändler) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Thomas Wörtche (Kritiker)
Die Kritiker der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind.
Info:
Die JahresBestenListe der ZEIT