Die KrimiBestenliste der FAS und von Deutschlandradio Kultur von heute: JANUAR I
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Die Umstellung haben Sie mitbekommen? Daß also die monatliche KrimiBestenListe, die wir einst aus der WELT kannten, die dann jahrelang jeden ersten Donnerstag im Monat in der ZEIT erschien, nun zum Monatsanfang seit 2017 in der Sonntagszeitung der FAZ, der FAS, erscheint.
Trocken schlucken. Denn man muß sich erst einmal daran gewöhnen, aber schon hat sich beim zweiten Mal etwas verloren Geglaubtes wiedergeregt, will sagen, bei den zehn Nennungen - wie immer durch Autor und Titel herausgehoben und mit Verlags- und Übersetzerangaben versehen sowie einer Inhaltsangabe, bzw. besser: einer Kommentierung, was man davon zu halten hat – bei diesen zehn Besten steht wieder, ob sie völlig neu auf der Liste sind (-) oder welche Position sie im letzten Monat eingenommen hatten. So ein bißchen kann man sich auch einbilden, daß der eigene Protest gegen das Verschweigen im Januar zur Einsicht der Herausgeber führte….
Das ist auf jeden Fall wichtig und so wichtig wie diesmal waren die Neuen sicherlich selten. Es sind nämlich sechs Plätze auf einmal neu besetzt und da wir auch den seit Januar auf der Liste stehenden Krimi von Tana French GEFRORENER SCHREI von Scherz/Fischer , damals Platz vier, jetzt erste Position noch nicht gelesen haben, stehen wir für Februar dumm da und helfen uns damit, was wir schon gehört haben und aus Angelesenem schließen. Vier der sechs Neuen – zwei englische, zwei amerikanische, zwei deutsche Krimis aus Österreich - kennen wir aus ihren anderen Kriminalromanen und da hat man durchaus eine Erwartungshaltung, ob die neuen Romane an die alten herausreichen.
Das gilt zum Beispiel für Jerome Charyn, der mit WINTERWARNUNG seiner Lieblingsfigur und Alter Ego Issa Sidel den zwölften Roman schreibt. Das ist innerhalb der über 50 Romane und Sachbücher noch nicht einmal so viel, aber Issa Sidel ist dem im Mai Achtzigjährigen halt der Liebste. Er läßt ihn inzwischen in hohen Gefilden wandeln. Er ist Potus, Präsident der Vereinigten Staaten, aber der ohnmächtigste Mann der Welt. Denn sein Programm, die Armut auszurotten, wird durch seine Administration unterlaufen. Die Feinde seines politischen Programms, die Reichen in vorderster Linie und auch die russische Mafia, wollen ihn umbringen. Mehr dazu das nächste Mal.
Auf Platz 3 folgt DIE STRAßE INS DUNKEL von Paul Mendelson aus dem Rowohlt Verlag. Auch er war gerade erst im letzten Jahr mit DIE UNSCHULD STIRBT, DAS BÖSE LEBT auf der KrimiBestenListe vertreten, seinem ersten Krimi. Seinen Helden, Colonel Vaughn de Vries von der Special Crime Unit behält er bei und wieder geht es ganz schön vertrackt zu. Ein Mord an einer reichen, liberalen Industriellentochter zieht weitere Morde nach sich. Gleichzeitig wird in Kapstadt endlich gegen eine Gruppe von Polizisten ermittelt, die vor elf Jahren an einem Massaker an Schwarzen beteiligt waren, völlig unschuldigen Leuten.
Auf Platz 4 freuen wir uns, daß MISS TERRY von Liza Cody immer noch dabei ist. Dieses bei Ariadne, eine sehr sehr gute Adresse!, erschienen, gehört auch für mich zu den besten Büchern des Genres. Wer es noch nicht gelesen hat, sollte dies nachholen. Unsere inhaltlichen Lobsprüche kann man den Kommentierungen der letzten Monate nachlesen. ein sensationell gutes Buch!
André Pilz kennen wir dagegen noch überhaupt nicht. den fünften Rang auf Anhieb nimmt ein: DER ANATOLISCH PANTHER aus dem Haymon Verlag. Der 1972 in Vorarlberg Geborene schreibt über Menschen, die er gut kennt: „Hooligans, Vorstadtkrieger, Fußballfans.“ Hier geht es um Tarik, der das Gute will, aber das Böse schafft. Der Deutschtürke hätte Profi bei 1860 München oder St. Pauli sein können, aber steht dessen ist er als Kleindealer zu drei Jahren verurteilt worden – allerdings auf Bewährung. Und obwohl er sich so zusammennehmen will, führen die Beschwörungen des Polizisten Beer, der in einer bestimmten Moschee das Grundübel sieht und diese um das Geld für Attentate erleichtern will, zu seiner Tat. Beschwörungen? Ach was, Erpressungen. Wie es ausgeht, dann im März, auch wenn es Tarik nicht weiterschaffen sollte. Er ist als Typ ungewöhnlich genug und ungewöhnlich ist auch diese Geschichte.
Fortsetzung folgt.
Die KrimiBestenliste
Rang |
Vor-monat |
|
1 |
4 |
Tana French: Gefrorener Schrei Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann Scherz, 656 S., 16,99 Euro Dublin. Steve Moran und Antoinette Conway, Ich-Erzählerin dieses Dialog-Wunderwerks, sollen rasch noch den Fall der erschlagenen Aislinn aufklären, ein Verdächtiger ist ratzfatz gefunden. Doch Conway, die skeptische Außenseiterin, traut Kollegen nicht, die vorgeben, alles im Griff zu haben. |
2 |
- |
Jerome Charyn: Winterwarnung Aus dem Englischen von Sabine Schulz Diaphanes, 328 S., 24 Euro Washington, D.C., 1989. Isaac Sidel ist neuer Präsident der USA. Ohne Macht: Sein Stab sabotiert ihn, der Wahnsinnige will die Armut abschaffen. West-Kapitalisten und russische Gangster auf Mordkurs. Sidel wehrt sich mit Charisma und Gauner-Intuition. Band 12 der größten Kriminalsaga Amerikas. |
3 |
- |
Paul Mendelson: Die Straße ins Dunkel Aus dem Englischen von Jürgen Bürger Rowohlt, 400 S., 16,99 Euro Kapstadt. Nichts ist vergessen, trotz Versöhnungkommission. Colonel de Vries, Spitzenkriminalist, erkennt die gefälschen Indizien im Mordfall einer liberalen Industriellentochter. Aber die Wahrheit hinter dem Offensichtlichen zu finden, verlangt das Schwerste, die Rückkehr ins Schreckliche. |
4 |
2 |
Liza Cody: Miss Terry Aus dem Englischen von Grundmann&Laudan Ariadne im Argumentverlag, 284 S., 17 Euro London. Als im Müllcontainer die Leiche eines farbigen Neugeborenen gefunden wird, bekommt Lehrerin Nita Tehri den weißen britischen Überlegenheitsdünkel zu spüren: Sie hat dunkle Haut und muss die Mörderin sein. Nitas Glaube an Integration durch Anpassung bröselt. Sie lernt sich zu wehren. Famos. |
5 |
- |
André Pilz: Der anatolische Panther Haymon, 448 S., 12,95 Euro München, Bregenz. Deutschtürke Tarik ist bekloppt vor Liebe. Erpresst vom Bullen Beer klaut der Kleindealer aus einer Islamisten-Moschee Codes und Kriegskasse. Und wird prompt als Terrorist gejagt. Mit seiner Multikulti-Freundesbande schlägt er sich tapfer. Raue Kerle, Kino aus der Vorstadt. |
6 |
- |
Bernhard Aichner: Totenrausch btb, 480 S., 19,99 Euro Lofoten, Hamburg. Bestatterwitwe Brünhild Blum, fünffache Mörderin, auf der Flucht. Ihre Stärke mörderische Entschlossenheit, ihre Schwäche Zutrauen. Begibt sich, gerät in die Fänge des Zuhälter Schiele, wird gebrannt, geschunden, kämpft für ihre Kinder. Morden hilft: Alles wird gut. |
7 |
1 |
Patrick McGinley: Bogmail Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser Steidl, 344 S., 24 Euro Glenkeel, Donegal. Von Sinn und Nutzen des Mordens handelt dieser Roman von 1978. Roarty hat seinen Barkeeper erschlagen und im Moor versenkt. Jetzt drohen anonyme Briefe mit Enthüllung. Vergnüglich: Whiskey-gestärkte Männer im englisch-irischen Gesprächskampf. Sex und Feinsinn: eine Wonne. |
6 |
Joe Ide: IQ Aus dem Englischen von Conny Lösch Suhrkamp, 387 S., 14,95 € Los Angeles. Isaiah Quintabe ist ein Genie und ein Guter. Als privater Detektiv schlichtet er Nachbarschaftsstreitigkeiten. Wenn er große Fälle übernimmt, wird es bizarr und wild: Rapper Black Knife sieht sein Leben bedroht - von Weibern, Agenten, Gangsta-Rappern. Herrlich schlanker Spaß. |
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9 |
- |
Mark Douglas-Home: Sea Detective - Ein Grab in den Wellen Aus dem Englischen von Stefan Lux Rowohlt, 400 S., 9,99 Euro Edinburgh, Nordseeküste. Der Ozeanologe „Sea-Detective“ Cal und DS Helen ermitteln gegen Menschenhändler (indische Jungfrauen für notorische Sextäter) und in eigener Sache (Familienzwist auf winziger Insel). Atmosphärisch super. Die Schotten packen’s an, ob Gischt oder Gemeinheit. |
10 |
- |
Les Edgerton: Der Vergewaltiger Aus dem Englischen von Ango Laina und Angelika Müller Pulpmaster, 158 S., 12,80 Euro Der Leser ist im Todestrakt mitgefangen vom soghaften Monolog des „Gentleman“ und Vergewaltigers Truman Ferris Pinter, dessen Super-Ich alles um sich herum desozialisiert, um die teufels-/ gottgleiche Einzigartigkeit seiner Lebensform zu beweisen. Gefängnislitereratur, Grundfarbe Schwarz. |
INFO:
Die monatlich erscheinende Krimi-Bestenliste existiert seit März 2005, als sie erstmals auf der Leipziger Buchmesse, damals noch als KrimiWelt-Bestenliste vorgestellt wurde. Von März 2011 an wurde sie regelmäßig an jedem ersten Donnerstag des Monats in der Wochenzeitung DIE ZEIT als KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht. Seit Januar 2017 jeden ersten Sonntag im Monat in der FAS, der Sonntagszeitung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die KrimiBestenliste Feburar wird am 5. Februar in der FAS und im Nordwestradio veröffentlichtund gegen 9.20 live mit Tobias Gohlis und in den Sendungen der „Buchpiloten“, nachzuhören unter
www.radiobremen.de/nordwestradio/serien/krimizeit/bestenliste100.html
Monatlich wählen einundzwanzig auf Kriminalliteratur spezialisierte Literaturkritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus der Masse der Neuerscheinungen die zehn Titel aus, denen sie viele Leser wünschen. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt inzwischen über 1800 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem ersten Donnerstag im Monat geben Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.
Die Jury der KrimiZEIT-Bestenliste auf dem aktuellen Stand:
1
Tobias Gohlis
Hamburg
Kolumnist DIE ZEIT, DeKrPr*, Moderator und Jury- Sprecher der Krimiwelt
2
Volker Albers
Hamburg
Hamburger Abendblatt, DeKrPr*
3
Andreas Ammer
Berg
„Druckfrisch“, Dlf, BR, DeKrPr*
4
Gunter Blank
Conil
Sonntagszeitung Zürich
5
Thekla Dannenberg
Berlin
Perlentaucher
6
Fritz Göttler
München
Süddeutsche Zeitung
7
Jutta Günther
Nordwestradio/Radio Bremen
Bremen
8
Sonja Hartl
Zeilenkino.de, Polar Noir
9
Hannes Hintermeier
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Frankfurt am Main
10
Lore Kleinert
Bremen
Freie Kritikerin
11
Elmar Krekeler
BERLIN
Die Welt
12
Kolja Mensing
Berlin
Dradio Kultur
13
Marcus Müntefering
Spiegel Online, Krimi-Welt.de
Hamburg
14
Ulrich Noller
Köln
Deutsche Welle, WDR, DeKrPr
15
Frank Rumpel
SWR 2, frankrumpel.wordpress.com
Tübingen
16
Jan Christian Schmidt
Berlin
www.Kaliber 38.de, DeKrPr*
17
Guido Schulenberg
Nordwestradio/Radio Bremen
Bremen
18
Margarete v. Schwarzkopf
Köln
Literaturkritikerin
19
Ingeborg Sperl
Wien
Der Standard
20
Sylvia Staude
Frankfurt/Main
Frankfurter Rundschau, DeKrPr*
21
Jochen Vogt
Kleinich
NRZ, WAZ
*DeKrPr = Mitglied der Jury des Deutschen KrimiPreises
In der Regel kommentieren wir die von der Jury neu plazierten Krimis. Alle weiteren plazierten Krimis der Vormonate entnehmen Sie bitte unseren Krimi-Besprechungen in den vormonatlichen Artikeln, die Sie in der RUBRIK BÜCHER auf dem Titel oder unter dem Autorennamen im Archiv finden.
Das Prozedere der Platzverteilung für die Liste ist ganz einfach. Dreimal darf ein Kritiker aus der Jury einen Roman benennen. Wenn das gut verteilt ist, kann ein Buch einige Monate überwintern, dann hat es nur noch die Chance, in der Jahresbestenliste wieder aufzutauchen, die jeweils Ende Dezember herauskommt und die wir für 2016 hier ebenfalls in mehreren Artikeln kommentierten.
https://www.weltexpresso.de/index.php/buecher/8720-der-beste-krimi-bitter-wash-road-von-garry-disher-aus-dem-unionsverlag
https://www.weltexpresso.de/index.php/buecher/8726-buchholz-und-annas-auf-platz-2-und-3-dobler-und-pflueger-auf-5-und-7
https://www.weltexpresso.de/index.php/buecher/8720-der-beste-krimi-bitter-wash-road-von-garry-disher-aus-dem-unionsverlag