Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ach, wie zufällig!! Am Samstag vor der Wahl am Sonntag, ist der Aufmacher der Frankfurter Rundschau im eigenständigen Frankfurtteil: „Ermittlungen gegen OB Feldmann“. Im Rhein-Main Teil der FAZ heißt es: „Awo-Affäre holt Feldmann ein“. Beide Zeitungen berichten, daß die Staatsanwaltschaft nun doch wegen Vorteilsannahme gegen den Frankfurter OB (SPD) ermittelt. Zufällig wie gesagt: einen Tag vor der Wahl.
Für wie blöde halten Staatsanwaltschaft und auch die FR- und FAZ-Redakteure eigentlich die Wähler. Honi soit qui mal y pense ! Das Motto des englischen Hosenbandordens paßt hier perfekt: „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“ Eigentlich hätte der Frankfurter OB gar nicht darauf hinweisen müssen, „Versuch der Einflußnahme kurz vor der Kommunalwahl“, er hätte laut lachen sollen und eine Presseerklärung verbreiten können, daß der zeitliche Zusammenhang mit der Kommunalwahl ja selbstverständlich auf jeden Fall rein zufällig ist! Und daß die Staatsanwaltschaft Frankfurt weisungsgebunden dem CDU-Justizministerium untersteht, weiß hoffentlich jeder, der sich wundert, ob der geballten politischen Interessen der hessischen CDU-Grünen-Landesregierung, die vor allem eine Schnarchregierung ist
Im übrigen, das können alle unseren auswärtigen Leser, die Mehrheit, nicht wissen, hat sich in der AWO-Affäre, einem absoluten, ja widerwärtigem Skandal, weil sich bestimmte Gschaftelhuber dumm und dämlich verdienten und das Geld, was für die Arbeit der Arbeiterwohlfahrt vorgesehen ist, eben Wohlfahrt für die, die es brauchen, sich ganz offiziell als weit überhöhte Gehälter in die eigenen Säckel schaufelten und dicke Dienstwagen fuhren, also hat sich in dieser Affäre insbesondere die FR peinlich hervorgetan. Über viele Monate war das der tägliche Aufhänger und das Fiese dabei sind die Kommentare. So auch heute. Da steht im Kommentar eines Christoph Manus: „....natürlich ist es seltsam, daß die Staatsanwaltschaft seit Februar gegen den Frankfurter Oberbürgermeister ermittel, das aber erst jetzt bekanntgibt. Der Justiz vorzuwerfen, sie wolle die Wahle beeinflussen, ist allerdings schräg und lenkt von den eigenen Fehlern ab. Versteht das einer, der das mit Sinn liest? Er sagt selber, daß es seltsam sei, aber dann ist es schräg, einen Zusammenhang mit der Wahl herzustellen.
Um was es geht: Hat sich der OB an der AWO bereichert. Gehört er zu denen, die sich selbst bedient haben. NEIN, NEIN. Die Ehefrau des OB soll als Leiterin einer AWO-Kita ein überhöhtes Gehalt bekommen und einen ihr nicht zustehenden Dienstwagen- Was war das eigentlich für ein Wägelchen? - gefahren haben. Das soll, notfalls vor Gerichten mit den Betroffenen geklärt werden. Aber mit der Betroffenen!!! Und nicht über den Ehemann. Wir haben gerade am 8. März den Frauentag begangen, an dem sich die Frankfurter Rundschau peinlich hervorgetan hat. In diesem Zusammenhang hätte sie einmal Selbstkritik äußern können, warum sie den Frankfurter OB für seine Ehefrau in politische Geiselhaft nimmt. Wir leben nicht mehr in den Zeiten, wo eine Ehefrau ihren Mann fragen mußte, ob sie arbeiten gehen darf, was auch nach dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958 für die Bundesrepublik noch nicht abgeschafft war, sondern wirklich erst 1977!!
Doch in Frankfurt ist das anders. Da wird seit einem Jahr, etwa fünf Monate täglich rauf und runtergeschrieben, wie der Frankfurter OB seine Frau hätte überwache sollen, übrigens von Redakteuren, die sehr viel mehr verdienen als eine Kita-Leiterin je verdienen kann. In der selben Zeit haben sich Vermieter in Frankfurt eine goldene Nase verdient, wenn sie in Häuser investiert haben, die als Luxussanierungsgebäude entweder die alten Mieter rausgeekelt hatten oder durch Neubauten gleich mit einer hohen Miete begannen, die sich nur die Oberen Zehntausend leisten können. Von all denen, die auch hier in Frankfurt an Corona verdienen, mal ganz abgesehen. Wenn ich daran denke, mit welchen hohen Herren aus der Wirtschaft sich die vorige OB Roth umgab. Ist da je ein Wort der Kritik von den Journalisten gekommen, die sich glücklich schätzten, wenn sie auch mal ein Lächeln der Dame abbekamen. Das war so beschämend, wenn man dabei war. Und aus eigener Kenntnis weiß ich, daß das dieselben Leute sind, die sich jetzt moralisch empören.
In der Stadtverordnetenversammlung war es dasselbe. CDU und FDP taten sich hervor in ihrer Empörung über den Ehemann OB Feldmann. Nicht nachlassend. Immer wieder. Von Frankfurter Stadtverordneten erwarte ich aber etwas anderes, nämlich Politik zu machen für Bürger einer Stadt, in der sich seit jeher die Probleme moderner Großstädte existentieller gestalten. Im letzten OB-Wahlkampf, wo einem die CDU-Kandidatin schon leid tun konnte, weil sie so wenig geeignet war – auch typisch, nie wieder ist sie hier in Frankfurt in Erscheinung getreten - , tat sie mir schlagartig nicht mehr leid, als bei einem Pressetermin zur Eröffnung der Frankfurter Altstadt, zu der OB Feldmann die alte OB Roth eingeladen hatte, diese überraschend in Begleitung der CDU-Kandidatin erschien, vertraut eingehängt, und beide sich vor den die Bauten der Altstadt erklärenden OB Feldmann plazierten, so daß bei den Fotos am nächsten Tag und auch dem Bericht in der Hessenschau, die beiden Damen die Altstadt eröffneten... Noch schlimmer war die Junge Union am gleichen Tag zur gleichen Stunde am gleichen Ort, nämlich vor dem Dom. Dort sollte der Abschluß des Rundgangs mit Feldmann mit der Presse sein. Stattdessen stand dort eine Formation der Jungen Union, in orangenem Dreß mit Fähnchen, die lauthals ununterbrochen „Weyland, Weyland...“ brüllten, den Namen der CDU-Kandidatin.
Deshalb konnte man die Worte des damaligen und jetzigen OBs nicht mehr hören, über die man aber berichten sollte und wollte. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: den mangelnden Respekt, den diese Leute, ob draußen auf der Straße oder drinnen im Stadtparlament, einem durch die Bürger gewählten Stadtoberhaupt entgegenbringen, ihn stattdessen monatelang mit einer Häme überzieht, woran die Frankfurter Presse teilnimmt, verursacht bei mir Ekel gegen Leute, die so durchsichtig und grottengemein polemisieren, damit die alten Zustände wieder kommen, als das Kapital in Frankfurt ungehinderter agieren konnte. Das gilt für CDU und FDP.
Was die Grünen angeht, gibt es andere Gründe, sie gerade in Frankfurt nicht zu wählen. Da habe ich leider, leider zu oft erlebt, wie in die eigene Karriere, in die eigenen Position investiert wurde, statt politische Macht zu nutzen, um die Verhältnisse zu ändern, gegen die man doch angetreten war. Allein, was im Bereich der Schulen von der damaligen Dezernentin der GRÜNEN angerichtet wurde, wird auf Jahrzehnte die Stadt schwächen. Unsäglich. Aber auch diejenigen, die das erkannten und auch mir gegenüber offen zugaben, taten nichts dagegen. Es gibt hier in dieser Partei so ein Ladyagreement, das offene Kritik und Änderungen ausschließt. Hinzugefügt werden muß, wie die selbstbewußten Mütter oder die alt gewordenen kinderlosen Alternativpaare im Nordend, die typischen Grünenwähler, zwar sprachgewaltig ihre Interessen vertreten, aber weder für Langzeitarbeitslose noch für sonst Abgehängte in der Schule je nur Interesse aufbrachten oder gar dies ändern wollten. Die Frankfurter Grünen von heute sind in der Masse die FDP- und CDU-Wähler der 50-60er Jahre.
Das mußte zur Aktion der Frankfurter Staatsanwaltschaft einfach gesagt werden. Im Übrigen: Die CDU kann damit ihre Bereicherungsskandale im Bundestag nicht reinwaschen. Dort verlaufen die Strukturen, die geändert werden müssen, damit wirtschaftliche Interessenvertreter, als eigenständige Abgeordnete getarnt, sich nicht so ungehindert am Volksvermögen bereichern können. Schon lange ist ein wirkungsvolles Lobby-Gesetz nötig. Doch in Frankfurt ist die CDU ja mit anderem beschäftigt. Ein politisches Totalversagen.
Aber sicher ist das Folgende das Wichtigste: Peter Feldmann macht im Rahmen des Möglichen eine Stadtpolitik für die kleinen Leute, die er ernst nimmt, die er besucht, deren Sprache er versteht und auch spricht. So ein Mann ist gefährlich. Fragt sich nur für wen?
Foto:
OB Feldmann mit dem Spitzenkandidaten der SPD, Frankfurter SPD-Vorsitzender und Baudezernenten Mike Josef
© deutschlandfunk.de
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