Ausstellungansicht Inflation 1923 Krieg Geld Trauma 1000x563INFLATION 1923. Krieg. Geld. Trauma bis 10. September im Historischen Museum Frankfurt, Teil 4

Redaktion 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) –  „Die Mark sinkt immer weiter. Es ist unheimlich. Heute steht der Dollar über 1000 Mark! Der Schweizerfranken auf 200! Das Volk tut einem in der Seele leid. Man sieht das Elend förmlich um sich greifen […]“, schrieb die in Frankfurt lebende Schweizer Studentin Lilly Staudenmann-Stettler im August 1922. Nichtsahnend, dass Ende des Jahres 1923 ein Dollar 4,2 Billionen Mark kosten sollte. Die Bilder mit den Waschkörben, die man brauchte, um das Geld für den täglichen Einkauf zu transportieren, sind heute lustig, aber damals...

 
Eine Inflation ist ein ökonomisches Phänomen, das mit steigenden Preisen das Sinken der Kaufkraft des Geldes anzeigt. Inflationen im heutigen Sinn wurden in historischer Zeit als „Teuerung“ erfahren. Teuerungen hatten verschiedene Ursachen. Zumeist bewirkten naturbedingte (Missernte, Dürre, Überflutung) und kriegsbedingte Katastrophen den Preisanstieg. Andererseits gab es schon seit der römischen Antike Teuerungen, die in der Manipulation des Münzwertes begründet waren. 

 

Erstmals in Deutschland nimmt eine Sonderausstellung das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück.

 

Bereits 1914 hatte sich die Geldmenge durch die kriegsbedingte Finanzpolitik des Deutschen Reichs und der Reichsbank entscheidend vermehrt. Die Inflation wurde jedoch erst nach der Kriegsniederlage spürbar, als Privatpersonen und Unternehmen ihr in Kriegsanleihen angelegtes Kapital verloren. Damit einher ging auch der Verlust des Vertrauens in den Staat, was eine schwere Hypothek für die junge Weimarer Republik war. Die Belastungen der Friedensbedingungen und der Demobilmachung sowie die Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen verschärften die Situation. Politische Morde und die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge nichtgeleisteter deutscher Reparationszahlungen führten schließlich zum völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Eine bewegte Zeit auch für Frankfurt, das 1919 an der Grenze zu den französisch besetzen Gebieten lag, zu denen auch Höchst, Nied und Griesheim gehörten. Die in den folgenden Jahren zunehmende Nahrungsmittel- und Wohnungsverknappung, der Schwarzhandel und die Plünderungen, Streiks und Krawalle prägten sich tief im kollektiven Gedächtnis der Menschen in Frankfurt ein.

 

Die Inflationserfahrung wird in der Schau anhand von künstlerischen und literarischen Zeugnissen belegt und immer wieder am Beispiel der Stadt Frankfurt skizziert. Darunter Stimmen der Zeit, Karikaturen aus den zeitgenössischen populären, politisch-satirischen Zeitschriften, Fotografien, Plakate und frühe Filmaufnahmen. Das Inflationserleben um 1923 rahmt die Ausstellung mit der Darstellung historischer Teuerungen, dem nachfolgenden Aufstieg Hitlers und einer zweiten Inflation, um anschließend über die Währungsreformen 1948, 1990 und 2001 in die Gegenwart zu führen: Wie sieht es heute mit der Inflation aus?

Foto:
Ausstellungansicht Inflation 1923 Krieg Geld Trauma
©Stadt Frankfurt

Info;:
Ausstellung: 

Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma, bis 10. September 2023, Historisches Museum Frankfurt
Eintritt Sonderausstellung: 10 €/5 €
Museum Vollpreis: 12 €/6 €

Katalog:
Hrsg.: Nathalie Angersbach und Frank Berger, INFLATION 1923. Krieg, Geld, Trauma, Historisches Museum Frankfurt, Henrich Verlag 2023

Quelle für diesen Artikel:Historisches Museum Frankfurt

Bisherige Artikel der Serie:

Teil 1
https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/28345-eine-ausstellung-zur-rechten-zeit
Teil 2
https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/28346-das-jahr-1923-und-die-hyperinflation-cui-bono
Teil 3
https://weltexpresso.de/index.php/kino/28359-begleitende-filmreihe-im-kino-des-dff-von-dienstag-2-mai-bis-dienstag-30-mai