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Die Streichpläne von Siemens gleichen einem alten Muster, sie erfüllen nur, was die neoliberale Wende propagiert hat  Teil 4/4

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es gibt eine informelle Elite, die abgewirtschaftet hat, die versucht, ein verschlepptes Machtsystem entkoppelt von Gesetzen, Regeln und Limits universell zu verankern, zu oktroyieren als „Weltform-Diktat des globalisierten Kapitals“ (Peter Sloterdijk).
Wenn Politik einmal anfängt, sich auf Steuer-, Lohn- und Sozialdumping einzulassen, geht es daraufhin stetig bergab. Dass sie dies tut, hat mit mangelndem Rückgrat und schlechtem Charakter zu tun. Man ist gängigen Phrasen und Parolen aufgesessen, die von Lobbyisten unter die Leute gebracht werden. Dahinter verbirgt sich die Ideologie Privat-vor-Staat.

Die Sozialpolitik ist nur der Sack auf den geschlagen wird, gemeint ist die Stellung des Menschen

Das Problem ist nicht freigebige Sozialpolitik – das ist ein alter Hut der patriarchalisch-autoritären Konservativen à la Jens Spahn -, sondern eine Politik, die seit etlichen Jahren der strukturellen und substantiellen Pauperisierung der Gesellschaft zuschaut und sie maßgeblich mitbetrieben hat. Seit 40 Jahren wird der Kern der Gesellschaft von der Politik, die uns vertreten soll, nur noch abgewickelt. Eine selbsternannte, selbst-zentrierte Weltbestimmer-Elite hat das, was sie als Masse verachtet und abtut, längst aufgegeben. Die Politiker sind eine uns maßgeblich abwickelnde Pseudo-Elite. Was jetzt kommt, ist nur noch Schmierentheater, mit Geknüppel auf die letzten der armen Hunde. Die rechtspopulistischen Parteien werden durch diese Tendenz großgemacht und freuen sich königlich über so viel Support. Die Betroffenen aber werden von diesen Parteien erst recht fertiggemacht.

Um es bildlich zu sagen: Unsere Gesellschaft wurde in Jahrzehnten pȩu à pȩu runtergekurbelt. Die an Unterfinanzierung leidenden Sozialsysteme, vor allem in der Pflege, liefern das traurige Sinnbild eines Abstiegs. Wirtschaft und Gesellschaft schrammen und ächzen am unteren Rand, gleich einer Seifenkiste. Wir haben eine Seifenkisten-Ökonomie, aber keine Ökonomie der Kreativität und des Werte schaffenden Fortschritts, trotz des Exportüberschusses (für den sich andere Staaten verschulden). Kreativität und Innovationen wurde abgesagt (bis auf Exzellenzen, die auch schnell mal wieder vom Sockel gestoßen werden), hingegen der Kopfzahl-Paranoia und Kostensenkung (mithin Kaputtsparen) als Geschäftsmodell, insbesondere der als Finanzinstrumente missbrauchten Technologie-Konzerne, aber der Zuschlag erteilt.

Die Energiewende wird – politisch unterstützt - sabotiert, weil sie der Cash-Mentalität, dem kurzfristigen Denken und der jeweiligen Lobby entgegensteht. Die dem Klima und der Artenvielfalt schädliche Landwirtschaftspolitik wird von einem hartnäckigen Lobbyismus gesteuert, den zu unterstützen Minister sich nicht enrblöden zu bestätigen.

Nicht etwa Lohn- und „Lohnnebenkosten“ sind zu hoch: Die industrielle Konzern-Wirtschaft leistet zu wenig, befindet sich im Griff der Rendite-und Cashcow-Mentalität. Katharina Weinberger hat das eingehend untersucht. *) – Die Konzerne zerstören sich selbst. „Siemens lässt Bahn im Stich. Lieferung von ICE...verzögert“ (FR 23.11.2012). Eine plötzliche Entspannung der Einnahmeverlusttendenz in den Sozialversicherungen kam 2005 plötzlich über uns, sie war aber zu gering und nicht zukunftsfest, war eine Folge der Erholung der Weltkonjunktur. Angela Merkel konnte die gute Nachricht für sich verbuchen, Gerhard Schröder aber war aus dem Spiel, Pech für ihn. Und wir sind und bleiben abhängig vom Modell des Exportüberschusses, mit Lohndumping der Eigenen, Verschuldung der Anderen.

Wirtschaft wird in der Gesellschaft gemacht

Frau Kanzlerin Merkel hat kein Projekt, kein Modell, nicht mal ein Konzept. Step by step hangelt sie sich entlang. Seit Helmut Schmidt hat die Gesellschaft keine Leidenschaft, keine Begeisterung mehr für Irgendetwas entwickelt. Als Mann der Industriekapitäne trat Schmidt die sozial-ökologische Wende Willy Brandts beiseite. Er war noch der Mann der Schlot- und Stahlbarone. Ausweg und Rettung kann nur aus der erwachenden Zivilgesellschaft kommen, von den aufgeschlossenen und weltoffenen nichtstaatlichen Gruppen (NGOs), die neue, unangepasste und unkonventionelle Wege beschreiten und die neuen Wertorientierungen durchsetzen, vor allem die Achtung vor der Schöpfung und dem Einzelwesen. 

In den 1970er-Jahren war die alte Elite der Industriegesellschaften verbraucht, hielt sich jedoch an ihren Le- Corbusier-Sesseln fest. 1973 hätte ein Innovationsform-Wechsel angestanden: weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien und Energie-Effizienz. Die Wende wurde von den etablierten Parteien abgeblockt und wird es noch immer. Der Elan, den Willy Brandt entfacht hatte, erlahmte, die sozial-ökologische Modernisierung wurde von Helmut Schmidt ausgebremst. Nach verlorenen Jahrzehnten versucht eine Weltlenker-Elite der letzten Tage aus dem Verfall des Verfalls letzten Honig zu saugen (Subprime-Immobilien-Crash, USA: Ausplünderung der Working Poor, in der abwegigen Finanzierung von Schrott-Immobilien, es war eine Untat ohnegleichen). Und die große Geldflut steigt immer weiter an. Die große Krise des letzten aufmarschierten Weltlenker-Aufgebots, das sich uns darbietet und anempfiehlt, wird von den breiten Mehrheiten bezahlt.

Foto: koufogiorgos.de · Text der Sprechblase: Warte nicht mit dem Essen auf mich, Schatz. Ich muss heute noch schnell eine Nation ruinieren

Literatur:
*) Katharina Weinberger, Kopfzahl-Paranoia, Von der Selbstzerstörung der Konzerne, 2009

Anne T., Die Gier war grenzenlos, Eine deutsche Börsen-Händlerin packt aus, 2009
Max Otte, Der Crash kommt, 2006
Lisa Nienhaus, Die Blindgänger, 2009
Sahra Wagenknecht, Wahnsinn mit Methode, 2008
Naomi Klein, Die Schock-Strategie, Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, 2009
Hans-Peter Martin٠Harald Schumann, Die Globalisierungsfalle, Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand, 1996

Bedenkenswert:

[..] daß eine Anhäufung, eine Überreichlichkeit von Leihkapital stattfinden kann, die nur insofern mit der produktiven Akkumulation zusammenhängt, als sie im umgekehrten Verhältnis dazu steht. Karl Marx, Das Kapital, 3. Band