Bildschirmfoto 2021 09 12 um 00.55.39Serie: DIE KRIMIBESTENLISTE im September 2021, Teil 2

Elisabeth Römer

Hamburg (Weltexpresso) – Das habe ich ja im letzten Artikel schon moniert, daß unsereiner, aber auch die Leser, überfordert sind, wenn pro Monat von zehn möglichen Plätzen jeweils sieben neu vergeben werden. Die Hälfte der Liste, was einem Lesepensum, wenn man will, von fünf Krimis pro vier Wochen, das ist noch zu schaffen. Mehr nicht!

Und natürlich wären auch die Gegenargumente sofort zur Stelle. Es gibt ja noch viel viel mehr Krimis, die erscheinen, auch gute Krimis. Die sollen auch eine Chance haben. Kann man nichts dagegen sagen. Aber die neuen kennen wir immer noch nicht, wollten uns aber – ein neuer Brauch – von den ‚Abgesetzten‘ verabschieden und kurz darauf verweisen, wie lange sie auf der Liste waren. Unter Info finden Sie unsere Artikel dazu, meist Einzelbesprechungen als Link für die letzten Monate. Gehen Sie dann auf einen der Artikel der ersten Links, dann erscheinen dann unter Info wiederum all die Links der veröffentlichten Rezensionen der früheren Monate der Krimibestenliste.

Von den zehn Plätzen sind die ersten drei vom Vormonat übernommen! Sieben, wie schon geschrieben, also neu. Diese drei sind die einzigen, die aus Vormonat, dem August, geblieben sind und sind – ungewöhnlich – hintereinander auf den ersten drei Plätzen! Aber jetzt soll es um die Ausgeschiedenen gehen und da sind – das ist schon dramatisch und neu auch – vier Krimis dabei, die doch erst im August auf die Liste kamen. Zum Teil konnten wir noch gar keine Kritiken schreiben. Versuchen das nachzuholen. Und drei der Krimis waren im Juli das erste Mal dabei, konnten von uns darum gut besprochen werden. Das sind Alexis Schaitkin, SAINT X, DIE IDEALISTEN von Viet Than Nguyen und Anne Goldmanns ALLE KLEINEN TIERE, die Sie in den Links unten finden. Anne Goldmann wird uns noch beschäftigen, denn sie gehört zur Auswahl für den Leo-Perutz-Preis, dem Wiener Krimipreis, der eigentlich ein österreichischer ist, und der am 12. Oktober im Rahmen der Kriminacht im Wiener Kaffeehaus bekanntgegeben und verliehen wird. Das ist eine tolle Veranstaltung, weil alle Autorinnen der Nominierungsliste anschließend in verschiedenen Wiener Cafés bei freiem Eintritt lesen, siehe unten Link.

Aber mit 1981 von Eloisa Díaz erschienen bei Hoffmann und Campe, konnten wir uns noch gar nicht beschäftigen. Immerhin stand dieser Krimi im August aus dem Nichts auf Platz 2. Das spricht sonst für längere Verweildauer. Aber er ist im September wieder verschwunden, was am System der Punktevergabe der Jurymitglieder liegt, was dann wieder im nächsten Monat dazu führen kann, daß 1981 wieder auf die Liste gelangt. Kann.

Auch Liam McIlvanney war mit EIN FROMMER MÖRDER, Heyne, nur einen Monat. Unverständlich. Es handelt sich nämlich um einen sehr speziellen Krimi, den man sicher auch Monate später, Jahre später in voller Erinnerung hat. Ausgerechnet zu Martin Cruz Smith und seinem DIE SPUR DES BÄREN sind wir noch nicht gekommen. Das ist ein Autor, der für hohe Qualität bürgt, aber dennoch ist er gleich wieder ausgesondert. Zu schnell für uns! Das gilt auch für Mercedes Rosendes DER URSULA-EFFEKT, der uns jetzt den dritten Teil der Ursula-Reihe vorenthält, denn der Krimi ist im September wieder verschwunden.

So weit der Überblick. Sonst haben wir von den verschwundenen Krimis zumindest den einen oder anderen noch besprechen können. Aber diesmal ging es einfach zu schnell mit zu vielen Büchern. Schauen Sie die untere, die Septemberliste an, und lesen Sie die Inhaltsangaben, was gefällt. Beim nächsten Mal besprechen wir Krimis davon!

FORTSETZUNG FOLGT


Die Krimibestenliste im August

1 (6) Garry Disher: Barrier Highway
Aus dem Englischen von
Peter Torberg
Unionsverlag, 346 Seiten, 22 Euro

„Tiverton“, South Australia. Constable Hirschhausens Fälle im „Land des
Ungesehenen, Ungehörten“: Damenwäschediebstahl, Waldfrevel, Erbschleicherei,
Immobilienschwindel, Totschlag, Vernachlässigung von Kindern, religiöser Wahn.
Pointillismus pur mit einem einfühlsamen, klugen Dorfpolizisten. Meisterhaft.


2 (1) Susanne Saygin:
Crash
Heyne
16 Seiten, 12,99 Euro

Köln, Berlin. Isas Freundin ist verschwunden. Letzte Station war die Wirtschaftskanzlei, in der Torsten Wolf
das Imperium des verstorbenen Unternehmers Nolden betreut. Isa heuert dort an.
Mit Wolf kommt sie ungeheurem Schwindel
und Hightech-Nationalisten auf die Spur. Berlin Noir grotesk.


3 (3) Max Annas:
Der Hochsitz
Rowohlt
272 Seiten, 22 Euro

Eifel 1978. Sanne und Ulrike, elf, haben vom Hochsitz die Dorfereignisse
detektivisch im Blick: die Affäre des Bürgermeisters, den „Drachen“, der einen
Mann tötet, die Touristinnen mit fataler Ähnlichkeit zu den Fotos auf den
Fahndungsplakaten. BRD-Welt-Geschichte aus ‘m Dorf, die Rätsel bleiben gewahrt.


4 (–) James Sallis: Sarah Jane
Aus dem Englischen von
Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger
Liebeskind, 218 Seiten, 20 Euro

„Farr“, Süden der USA. Cal, der Sheriff, der sie einstellte, ist verschwunden. Suizid,
Mord, Unfall? Sarah Jane hat nach Kriegseinsatz, Küchenjob und Studium ihren
Platz gefunden: als Polizistin. Bis die Vergangenheit sie einholt, und die ist gewalttätig. Wie viel von dem,
was man erlebt, kann man annehmen?


5 (–) Christoffer Carlsson: Unter dem Sturm
Aus dem Schwedischen von
Susanne Dahmann
Rowohlt, 464 Seiten, 22 Euro

Marbäck, Halland. Noch ist die Leiche der jungen Lovisa, verbrannt im Haus ihrer
Eltern, nicht kalt, da steht für alle fest, wer der Mörder ist: Edvard von den gewalttätigen Christenssons.
Von über Generationen schwärenden Verdächtigungen erzählt
dieser behutsame Krimi aus den schwedischen Wäldern.


6 (–) Tade Thompson: Wild Card
Aus dem Englischen von
Karl-Heinz Ebnet
Suhrkamp, 332 Seiten, 10,95 Euro

„Alcacia“. Weil Weston Kogi geflunkert hat, in London sei er bei Scotland Yard,
wird er in seiner westafrikanischen Heimat von einer Befreiungsfront als Detektiv
rekrutiert, um der gegnerischen Befreiungsfront die Ermordung eines Politikers
anzuhängen. Von Folter zu Mord, von Bett zu Bett. Drastisch. Tolle neue Stimme.


7 (–) Stephen King: Billy Summers
Aus dem Englischen von
Bernhard Kleinschmidt
Heyne, 720 Seiten, 26 Euro

„Red Bluff“. Auftragsmörder Billy (tötet nur „schlechte Menschen“) tarnt sich zur
Vorbereitung eines letzten Mordes als Schriftsteller, entedeckt Schreibglück im
Autobiografischen, rettet eine vergewaltigte junge Frau vor dem Tode, übt gründlich
Rache und findet eine Erbin. War er ein schlechter Mensch?


8 (–) Heinrich Steinfest:
Die Möbel des Teufels
Piper
432 Seiten, 16 Euro

Wien, in Coronazeiten. Leo Prager filmte 1976 den Einsturz der Reichsbrücke,
verschwand 44 Jahre auf einer Doppelinsel, kehrt zurück, als seine Schwester
ermordet wird, sucht ihren Mörder. Vieles davon liest er im Roman „Die Möbel des
Teufels“ von 1974. Rotierende Zeit! Wundersames Fabulosum.


9 (–) Castle Freeman: Herren der Lage
Aus dem Englischen von
Dirk van Gunsteren
Hanser, 184 Seiten, 20 Euro

„Cardiff“, Vermont. Sheriff Lucian Wing ist der „Abreger“, löst im Plauderton
bewaffnete Konflikte. Und regt sich auch nicht auf, wenn ihn ein Milliardärsanwalt
herumkommandiert, um in die Wälder abgehauene Reichenkinder zu suchen,
sondern sorgt einfach nur – sehr, sehr komisch – für gute Laune.


10 (–) Cara Hunter: No Way Out
Aus dem Englischen von
Iris Hansen und Teja Schwaner
Aufbau, 416 Seiten, 10 Euro

Oxford. Eine Villa ist abgebrannt, ein Kleinkind und die Mutter sind tot, ein Kind
stirbt später. Der Vater, Spezialist für Feuerrituale, ist verschwunden. DI Adam
Fawley und Team arbeiten sich durch einen Wust von Hin- und Verweisen,
verdächtig sind alle: der Vater, sein Bruder, der Gärtner. Fein verzwirbelt.


Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?

WO? außerhalb von WELTEXPRESSO?

Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de

Die Krimibestenliste erscheint  nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Die zukünftigen Krimibestenlisten  2021 sind allerdings noch nicht einmal  online  für die FAS verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021  noch nicht einmal  im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.

An jedem ersten Freitag des Monats geben also 18 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.


Die Jury:

Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“


Wie funktioniert die Abstimmung?

Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.

Foto:
©Cover

Info:
Rezensionen der Vormonate

Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im April 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21737-unter-den-auf-der-liste-verschwundenen-auch-der-solist-von-jan-seghers
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21748-frederick-forsyth-die-akte-odessa-piper-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21764-merle-kroegers-die-experten-weiterhin-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21801-die-sechs-neuen-krimis-auf-der-liste
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21802-tom-hillenbrand-montecrypto-bei-kiwi-neu-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21825-simone-buchholz-mit-river-clyde-auf-platz
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21839-die-zwei-schwestern-von-chan-ho-kei-auf-platz-9
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21851-blacktop-wasteland-von-s-a-cosby-auf-platz


Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Mai 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22067-david-peace-tokio-neue-stadt-von-liebeskind-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22216-verabschiedung-der-vier-ausgeschiedenen-wie-orkun-ertener
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22235-vor-gericht-von-matthias-wittekindt-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22234-senkrechtstarter-tokio-neue-stadt-von-david-peace-auf-platz-1


Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juni 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22548-david-peace-mit-tokio-neue-stadt-weiterhin-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22549-die-ausgeschiedenen-kroeger-wittekindt-melo-cosby-mcbride
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22600-typisch-england-der-donnerstags-mordclub-von-richard-osman-neu-platz-10
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22601-typisch-england-weiter-himmel-von-kate-atkinson-stuermt-auf-platz-4


Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juli 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22645-zwei-deutsche-krimis-vorneweg-von-johannes-groschupf-und-friedrich-ani
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22646-die-ausgeschiedenen-um-landnahme-von-sara-paretsky-tut-es-einem-leid
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22668-alle-kleine-tiere-von-anne-goldmann-bei-ariadne-argument-verlag-auf-platz-5
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22684-nur-die-tiere-von-colin-niel-lenos-verlag-auf-platz-3
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22685-letzte-ehre-von-friedrich-ani-auf-platz-2


Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im August 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22932-sieben-neue-krimis-auf-der-liste
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22931-saint-x-von-alexis-schaitkin-auf-platz-5
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22991-abschied-groschupf-ani-niel-atkinson-peace-mair-fennely-franklin
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23026-es-gibt-keine-wiederkehr-von-john-mair-im-elsinor-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23032-crash-von-susanne-saygin-heyne-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23060-liam-mcilvanney-ein-frommer-moerder-heyne-verlag-auf-platz-7


Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im September 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23119-schon-wieder-sieben-neue-krimis-auf-der-neuen-liste
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23167-verabschiedung-von-sieben-krimis-auf-einen-streich


Wiener Leo-Perutz-Preis:
www.kriminacht.at