Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man glaubt es nicht, aber schon ist Donald Trump im Krimi verewigt. Zwar hat dies der Autor sicher nicht so gemeint, aber wenn man von den ausgemachten berufliche, finanziellen und menschlichen Schweinereien des EX-US-Präsidenten gehört hatte, dann kann man gar nicht anders als in den Brüdern Conlan, Besitzer verschiedener klammer Unternehmen den Trumpverschnitt zu erkennen, eben wie mit Hilfe von Staatsämtern und krimineller Einflußnahme Ganoven den Staat ausplündern. Wie es immer wieder versucht wird.
Um die Colans ist es am Schluß 1983 geschehen, so viel darf man verraten, denn DAS GROßE AUFRÄUMEN ist der Schluß der sogenannten Perth-Trilogie, die versucht, die politisch verseuchte „einsamste Millionenstadt der Welt“ sauber zu machen. Sauberer würden wir kleinlaut sagen. Immer wieder wird die Größe der viele Gemeinden umfassenden Stadt mit 2,1 Millionen Einwohner im ein Drittel des gesamten Kontinents einnehmenden Bundesstaat Westaustralien, betont, wie auch ihre Isolierung. Die nächste größere Stadt ist Adelaide und 2136 km weit, die zweitgrößte liegt dann schon auf Bali (Denpasar). In solcher Insellage ist einerseits alles überschaubarer, andererseits entsteht durch persönliche Feindschaften, berufliche Rivalitäten, politische Differenzen eine undurchdringliche Gemengelage.
Unser Held heißt Frank Swann und will eigentlich nur mit seiner Frau Marion und den Töchtern am Strand liegen. Acht Jahre ist es her, als er selbst noch Polizist war und bei einer Mordermittlung erkannte, daß die Täter seine Kollegen sein müssen. Das ist für diesen Krimi deshalb wichtig, weil seit damals Ben Hogan, der inzwischen den Criminal Investigation Branch, CIB, führt, einer ist, der sich seine Dienste von bestimmten Größen teuer bezahlen läßt. Er führt also gleichzeitig ein Netz korrumpierter Polizeibeamter.
Wie es kommt, daß ein alter Bekannter Swann, der immer mal wieder Geld verdienen muß und dies dann als Privatdetektiv tut, ausgerechnet für den gerade gewählten neuen Premier von Westaustralien, Rob Farrell, als Sicherheitshaupt anheuert, versteht man besser, wenn man diesen hilflosen, egoistischen Henaan erlebt, denn der ist mit allem überfordert, überschaut Sauereien nicht, weshalb also Swann den eigentlichen Ausputzer geben soll. Der nimmt seine Arbeit ernst und entdeckt erst mal im Telefon der eingehenden Anrufe eine Wanze, die aber vom Premier selbst installiert wurde, mitsamt einem Recorder, der alles aufnimmt.
So sind die Verhältnisse, daß ein Premier sich absichern muß gegenüber potentiellen Feinden. Die werden schon deshalb kommen, weil das neue politische Programm dem Bundesstaat ein neues Gesicht geben soll. Der Staat selbst wird Unternehmer, will ein Casino aufmachen und das größte Stadtentwicklungsprojekt umsetzen. Unmöglich, das gesamte Szenario oder auch nur die wichtigen Personen aufzuführen. Frank Swann, der sich nur Swann nennen läßt, kommt einem vor, wie ein Flohhändler, der aus verschiedenen Flohnester die gröbsten Unreinheiten beseitigt, ständig Flöhe rettet und geschickt die Geretteten gegen die Feinde ausspielt. Ein Mord an jemandem muß kein Verbrechen sein, kommt darauf an, aus welchen Motiven es geschah und eben, wen es trifft. Und da gibt es hinter allem dann doch ein Bündnis der Aufrechten, das zwischen Swann und dem jungen Terry Arccadi von der Bundespolizei. Der muß erleben, daß eine Ebene höher schon wieder der Sumpf zuschlägt.
Was man auch kennen muß, sind die verschiedenen Motorradgangs von Perth, deren schlimmste von Gus Riley angeführt wird, die nun Konkurrenz aus Neuseeland bekommt. Alles soll Swann meistern. Und er tut, was er kann. Daß er aber auch den meistgesuchten Verbrecher Australiens, dem aus dem Gefängnis geflohenen Des Foley, hilft, hat eben damit zu tun, daß die Menschen in diesem Krimi meist nicht das sind wie sie scheinen. Viele Tote, meist durch Schüsse, aber auch Briefbomben u.a. und die spezielle Einsatzgruppe der Polizei, von der bekannt ist, daß sie total in Schwarz an Tatorte gerufen, die Täter erschießen, statt sie festzunehmen. Ja, in Perth ist vielleicht was los. Aber nach dem großen Aufräumen, deren Held Swann bleibt, geht es jetzt sicher manierlicher zu.
FORTSETZUNG FOLGT
KRIMIBESTENLISTE IM FEBRUAR
1 (4) Tim MacGabhann: „Der erste Tote“
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Suhrkamp, Berlin 2020
274 Seiten, 15,95 Euro
Poza Rica, Mexiko. Blutiges Erdöl. Der irische Journalist Andrew und der Fotograf Carlos stolpern über einen massakrierten Öko-Aktivisten. Als auch Carlos ermordet wird – von einem Polizisten –, überwindet Andrew seine Angst und recherchiert: Staat und US-Konzerne vereint gegen Natur und Indigene.
2 (10) David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“
Aus dem Englischen von Sven Koch
Suhrkamp, Berlin 2020
327 Seiten, zehn Euro
David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“ (Suhrkamp / Deutschlandradio)
Perth 1983. Ex-Superintendent Swann, jetzt Privatdetektiv, soll dem neuen Premier die unsauberen Wege ebnen. Mit und gegen Bikerklubs, korrupte Polizeibanden, lokale Gangster, Baulöwen und Spindoctors. Swann verfolgt seine eigene Agenda: treu, mit leichten Skrupeln, kompromisslos clever und rau.
3 (6) Samantha Harvey: „Westwind“
Aus dem Englischen von Steffen Jacobs
Atrium, Hamburg 2020
382 Seiten, 22 Euro
„Oakham“, Somerset 1491. Der reichste Mann des ärmsten Dorfes ist tot, der Dekan steckt seine Nase in alle Ritzen, Pfarrer John Reve möchte nicht „Richter und Sheriff“ zugleich sein. Als ließe sich die Zeit zurückdrehen, erzählt Reves Ich vier Tage rückwärts: Scham, (geistige) Armut, Lügen.
4 (2) Dominique Manotti: „Marseille.73“
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne im Argumentverlag, Hamburg 2020
400 Seiten, 23 Euro
Als ein verrückter Araber einen Busfahrer ersticht, legen die Fremdenhasser los. Malek, 16, Berufsschüler, wird niedergeschossen. Commissaire Daquin und sein Team agieren taktisch klug und fast allein gegen Ausländerhass, Mordwut, Verlustangst, Rassisten im Apparat. All das gab es schon in Marseille 1973.
5 (- ) Stephen Hunter: „Im Visier des Snipers“
Aus dem Englischen von Patrick Baumann
Festa-Verlag, Leipzig 2020
592 Seiten, 14,99 Euro
Vier Heroen der Antikriegsbewegung niedergeschossen, Präzisionsarbeit. Ex-Marine Bob Lee Swagger wird vom FBI angeheuert: Nur Scharfschützen können Scharfschützen jagen. Ein legendärer Vietnam-Veteran wird verdächtigt, aber Swagger stellt die wahren Übeltäter und rettet die Ehre seiner Profession.
6 (-) Graham Moore: „Verweigerung“
Übersetzt von André Mumot
Eichborn, Köln 2020
400 Seiten, 22 Euro
Los Angeles. Vor zehn Jahren hat Maya als Jurymitglied verhindert, dass ein Schwarzer wegen Mordes an der 15-jährigen Tochter eines Immobilien-Tycoons verurteilt wurde. Heute ist Maya Anwältin, die alte Jury kommt wieder zusammen. Tot in ihrem Hotel: der Widersacher von damals. Im Zweifel für die Täuschung.
7 (1) Candice Fox: „Dark“
Aus dem Englischen von Andrea O‘Brien
Suhrkamp, Berlin 2020
394 Seiten, 15,95 Euro
Los Angeles. Irgendwo ist die Beute von einem Bankraub versteckt. Aber das spielt erst mal keine Rolle, denn die Tochter der Diebin Sneak ist verschwunden. Vier Frauen – eine Ärztin und verurteilte Mörderin, eine Polizistin, eine Gangsterin und die Mutter – suchen sie. Im Dunkel des Sunshine State. Rabiat.
8 (5) Robert Galbraith: „Böses Blut“
Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Blanvalet, München 2020
1194 Seiten, 26 Euro
London, Cornwall. Strike und Robin haben einen Cold Case: Vor 40 Jahren verschwand eine Ärztin. Ein Serienmörder ist verdächtig, jetzt will die Tochter Wahrheit. Ergebnis wie Lösungsweg können Vorurteile Hegenden nicht gefallen. Galbraith seziert Beziehungszwänge. Gekonnt weitschweifige Bösartigkeit.
9 (-) Doug Johnstone: „Der Bruch“
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Polar, Stuttgart 2021
308 Seiten, 20 Euro
Edinburgh. Tyler, 17, zwischen allen Stühlen. Er sorgt für Schwester Bean, sieben, und Junkie-Mum Angela, hilft Bruder Barry einbrechen. Als Psycho Barry die Frau eines Gangsterbosses absticht, sind auch noch die Bullen hinter ihm her. Brutales Sozialdrama, voller Bitterkeit mit einem Tröpfchen Sentimentalität.
10 (8) Nicci French: „Eine bittere Wahrheit“
Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
C. Bertelsmann, München 2
„Okeham“, England. Tabitha ist in das Dorf ihrer Jugend zurückgekehrt, hat den Lehrer von damals tot im Schuppen gefunden und sitzt jetzt unter Mordanklage in Untersuchungshaft: Depressiv, von Medikamenten benebelt, sich selbst verteidigend ohne Beistand. Psychologisch fein, leise Spannung.020
506 Seiten, 16 Euro
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO?
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Die zukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 19 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Dezember 2020
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20678-goetter-und-tiere-von-denise-mina-von-ariadne-weiterhin-auf-platz-
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20679-platz-6-eric-plamondon-mit-taqawan-aus-dem-lenos-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20680-platz-1-denise-mina-goetter-und-tiere-ariadne-im-argument-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20735-die-guten-krimis-von-gestern-annas-rendon-steph-cha-u-a
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20733-real-tigers-von-mick-herron-von-diogenes-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20894-platz-9-und-10-ungewoehnliche-amerikanische-verbrecher-damals-1919-und-heute
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Januar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20958-dark-von-candice-fox-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20962-dominique-manotti-mit-marseille-73-von-ariadne-bleibt-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20972-unter-den-ausgeschiedenen-kalmann-von-joachim-b-schmidt
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21031-unter-den-ausgeschiedenen-heisses-blut-von-un-su-kim
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21023-unter-den-ausgeschiedenen-dammbruch-von-robert-brack
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21050-neu-auf-platz-8-nicci-french-mit-eine-bittere-wahrheit
konnten wir noch nicht besprechen, das wollten wir im Zusammenhang mit der Februarliste leisten, aber, siehe Teil 1, leider ist DIE RESIDENTUR einfach weggefallen. Deshalb wird in einem der nächsten Teile eine Besprechung folgen!
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Februar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21208-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21211-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21226-dark-von-candice-fox-aus-dem-suhrkamp-verlag-auf-platz-7
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21248-westwind-von-samantha-harvey-im-atrium-verlag-auf-platz-3
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21249-boeses-blut-von-robert-galbraith-verlag-blanvalet-auf-dem-achten-rang
KRIMIBESTENLISTE IM FEBRUAR
1 (4) Tim MacGabhann: „Der erste Tote“
Aus dem Englischen von Conny Lösch
Suhrkamp, Berlin 2020
274 Seiten, 15,95 Euro
Poza Rica, Mexiko. Blutiges Erdöl. Der irische Journalist Andrew und der Fotograf Carlos stolpern über einen massakrierten Öko-Aktivisten. Als auch Carlos ermordet wird – von einem Polizisten –, überwindet Andrew seine Angst und recherchiert: Staat und US-Konzerne vereint gegen Natur und Indigene.
2 (10) David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“
Aus dem Englischen von Sven Koch
Suhrkamp, Berlin 2020
327 Seiten, zehn Euro
David Whish-Wilson: „Das große Aufräumen“ (Suhrkamp / Deutschlandradio)
Perth 1983. Ex-Superintendent Swann, jetzt Privatdetektiv, soll dem neuen Premier die unsauberen Wege ebnen. Mit und gegen Bikerklubs, korrupte Polizeibanden, lokale Gangster, Baulöwen und Spindoctors. Swann verfolgt seine eigene Agenda: treu, mit leichten Skrupeln, kompromisslos clever und rau.
3 (6) Samantha Harvey: „Westwind“
Aus dem Englischen von Steffen Jacobs
Atrium, Hamburg 2020
382 Seiten, 22 Euro
„Oakham“, Somerset 1491. Der reichste Mann des ärmsten Dorfes ist tot, der Dekan steckt seine Nase in alle Ritzen, Pfarrer John Reve möchte nicht „Richter und Sheriff“ zugleich sein. Als ließe sich die Zeit zurückdrehen, erzählt Reves Ich vier Tage rückwärts: Scham, (geistige) Armut, Lügen.
4 (2) Dominique Manotti: „Marseille.73“
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne im Argumentverlag, Hamburg 2020
400 Seiten, 23 Euro
Als ein verrückter Araber einen Busfahrer ersticht, legen die Fremdenhasser los. Malek, 16, Berufsschüler, wird niedergeschossen. Commissaire Daquin und sein Team agieren taktisch klug und fast allein gegen Ausländerhass, Mordwut, Verlustangst, Rassisten im Apparat. All das gab es schon in Marseille 1973.
5 (- ) Stephen Hunter: „Im Visier des Snipers“
Aus dem Englischen von Patrick Baumann
Festa-Verlag, Leipzig 2020
592 Seiten, 14,99 Euro
Vier Heroen der Antikriegsbewegung niedergeschossen, Präzisionsarbeit. Ex-Marine Bob Lee Swagger wird vom FBI angeheuert: Nur Scharfschützen können Scharfschützen jagen. Ein legendärer Vietnam-Veteran wird verdächtigt, aber Swagger stellt die wahren Übeltäter und rettet die Ehre seiner Profession.
6 (-) Graham Moore: „Verweigerung“
Übersetzt von André Mumot
Eichborn, Köln 2020
400 Seiten, 22 Euro
Los Angeles. Vor zehn Jahren hat Maya als Jurymitglied verhindert, dass ein Schwarzer wegen Mordes an der 15-jährigen Tochter eines Immobilien-Tycoons verurteilt wurde. Heute ist Maya Anwältin, die alte Jury kommt wieder zusammen. Tot in ihrem Hotel: der Widersacher von damals. Im Zweifel für die Täuschung.
7 (1) Candice Fox: „Dark“
Aus dem Englischen von Andrea O‘Brien
Suhrkamp, Berlin 2020
394 Seiten, 15,95 Euro
Los Angeles. Irgendwo ist die Beute von einem Bankraub versteckt. Aber das spielt erst mal keine Rolle, denn die Tochter der Diebin Sneak ist verschwunden. Vier Frauen – eine Ärztin und verurteilte Mörderin, eine Polizistin, eine Gangsterin und die Mutter – suchen sie. Im Dunkel des Sunshine State. Rabiat.
8 (5) Robert Galbraith: „Böses Blut“
Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz
Blanvalet, München 2020
1194 Seiten, 26 Euro
London, Cornwall. Strike und Robin haben einen Cold Case: Vor 40 Jahren verschwand eine Ärztin. Ein Serienmörder ist verdächtig, jetzt will die Tochter Wahrheit. Ergebnis wie Lösungsweg können Vorurteile Hegenden nicht gefallen. Galbraith seziert Beziehungszwänge. Gekonnt weitschweifige Bösartigkeit.
9 (-) Doug Johnstone: „Der Bruch“
Aus dem Englischen von Jürgen Bürger
Polar, Stuttgart 2021
308 Seiten, 20 Euro
Edinburgh. Tyler, 17, zwischen allen Stühlen. Er sorgt für Schwester Bean, sieben, und Junkie-Mum Angela, hilft Bruder Barry einbrechen. Als Psycho Barry die Frau eines Gangsterbosses absticht, sind auch noch die Bullen hinter ihm her. Brutales Sozialdrama, voller Bitterkeit mit einem Tröpfchen Sentimentalität.
10 (8) Nicci French: „Eine bittere Wahrheit“
Aus dem Englischen von Birgit Moosmüller
C. Bertelsmann, München 2
„Okeham“, England. Tabitha ist in das Dorf ihrer Jugend zurückgekehrt, hat den Lehrer von damals tot im Schuppen gefunden und sitzt jetzt unter Mordanklage in Untersuchungshaft: Depressiv, von Medikamenten benebelt, sich selbst verteidigend ohne Beistand. Psychologisch fein, leise Spannung.020
506 Seiten, 16 Euro
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO?
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Die zukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 19 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Die Jury:
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Dezember 2020
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20678-goetter-und-tiere-von-denise-mina-von-ariadne-weiterhin-auf-platz-
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https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20680-platz-1-denise-mina-goetter-und-tiere-ariadne-im-argument-verlag
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https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20733-real-tigers-von-mick-herron-von-diogenes-auf-platz-4
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Januar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20958-dark-von-candice-fox-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20962-dominique-manotti-mit-marseille-73-von-ariadne-bleibt-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20972-unter-den-ausgeschiedenen-kalmann-von-joachim-b-schmidt
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21031-unter-den-ausgeschiedenen-heisses-blut-von-un-su-kim
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konnten wir noch nicht besprechen, das wollten wir im Zusammenhang mit der Februarliste leisten, aber, siehe Teil 1, leider ist DIE RESIDENTUR einfach weggefallen. Deshalb wird in einem der nächsten Teile eine Besprechung folgen!
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Februar 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21208-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21211-tim-macgabhanns-der-erste-tote-von-suhrkamp-auf-platz-2
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21226-dark-von-candice-fox-aus-dem-suhrkamp-verlag-auf-platz-7
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