Die Länder des Nordens lieben das Morden, zumindest das Lesen darüber

Neues aus der WELTEXPRESSO – Krimibibliothek, Teil 12. Dänemark, hier: Faber/Pedersen

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Darüber gibt es schlaue Abhandlungen und trotzdem gibt es keine echte Erklärung, warum in den nordischen Ländern erstens so viele Krimiautoren leben, die vom Krimischreiben sogar leben können, weil zweitens ihre Leser und Leserinnen ihre Bücher wie warme Semmeln kaufen. Aber nicht nur die eigenen Leute, hier die Dänen. Denn das wären zu wenig. Gerade mal 5, 8 Millionen. Allerdings sind sich Dänisch und Norwegisch ähnlich, aber auch die Norweger bringen nur 5, 4 Millionen potentielle Leser und Leserinnen hinzu.

Aber das mit dem Übersetzten klappt ja und deshalb gibt es dänische Krimis nicht nur in Skandinavien (aua, ganz schwierig, dazu gehören eigentlich nur Norwegen, Schweden und Dänemark, aber großzügig werden oft alle nordischen Länder so bezeichnet), sondern in der ganzen Welt. Jussi Adler-Olsen ist der bekannteste dänische Krimi-Autor, manche bezeichnen ihn als Krimikönig, derzeit wird sein bekanntester Ermittlerteam, das Sonderdezernat Q: die Carl-Mørck-Reihe im Fernsehen rauf – und runterwiederholt. Da wäre es eine gute Idee, wieder mal in die Bücher zu schauen.

Aber erst einmal geht es um die relativ Neuen Kim Faber und Janni Pedersen, deren Tendenz, zu zweit zu schreiben, sich paart mit einer weiteren Tendenz auf dem Krimimarkt, nämlich ein Ermittlerpaar aus Mann, Martin Juncker, und Frau, Signe Kristiansen, zusammenzustellen. Solch ein Duo erfüllt mehrere Funktionen, wie man sehen wird. Und die Art und Weise des Schreibens zeigt den skandinavischen Thrillerstil. Sehr grausam, sehr düster, was sich auch atmosphärisch niederschlägt.


WINTERLAND. Ein Fall für Juncker und Kristiansen

Als Auftakt müssen gleich zwei Ereignisse her. Ein Anschlag in Kopenhagen: eine Bombe auf dem Weihnachtsmarkt, und ein aufsehenerregender, empörender Mord in der Provinzstadt Sandsted: ein Mann ist ermordet und seine Ehefrau verschwunden. Da paßt es, daß der in die Provinz strafversetzte Top-Ermittler Martin Juncker schon zur Stelle ist, während in Kopenhagen seine ehemalige Kollegin Signe Kristiansen auf das Attentat angesetzt ist, aber erst einmal verdauen muß, daß ihre Schwester und deren Familie sich auf dem Weihnachtsmarkt befanden.

Damit haben wir schon einen Faktor des Schreibens des Ehepaares Faber/Pedersen analysiert. Sie verbinden Verbrechen mit Orten, die mit Bedeutung aufgeladen sind, darum auch mehrdeutig sind. Und sie haben mit zwei Orten zwei Geschehen, deren Hin und Her Spannung aufbauen kann, so daß der Leser sich einerseits im Kopf bewegen muß, wo er gerade ist, andererseits auf bewährte, bekannte Personen trifft.

Mit dem Schluß allerdings kann keiner rechnen. Er ist aber nicht hergeholt.

Und im Anhang steht schon Kapitel 1 der nächsten Folge


TODLAND. Ein Fall für Juncker und Kristiansen

Dies ist also der zweite Fall. Er beginnt mit einem Toten, der auf dem Rücken liegt: „Wenn man bedenkt, daß ihm zweimal in den Kopf geschossen wurde, sieht der Mann auf dem Weg erstaunlich gut aus.“, lautet der Eingangssatz.

Es ist Sommer, ein halbes Jahr nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt mit neun Toten und vielen Verletzten ist der Terrorakt immer noch aktuell und jetzt kommt die Ehefrau des Ermittlers Martin Juncker, Charlotte Junckersen ins Spiel. Sie ist Journalistin und ein anonymer Hinweis signalisiert ihr, daß der militärische Geheimdienst in den Terror verwickelt sei, an der Aufklärung desinteressiert sei – und am schlimmsten: ihr Mann sei darin verwickelt.

Der streitet alles ab, schon um seine Frau zu schützen. Was ist los? Signe Kristiansen auf jeden Fall will das wissen und unterstützt Charlotte. Ob ihr Stochern den Mord an Charlottes Informanten befördert. Auf jeden Fall wurde er brutal ermordet. Signe darf nun ihre persönliche Betroffenheit und Beziehung zu Charlotte nicht offenlegen, was zwar hinderlich ist, sie aber nicht aufhält. Tatsächlich kommt sie einer Verschwörung auf die Spur, die im kleinen Dänemark alles zum Wanken bringt, weil diese Verschwörung bis weit nach oben in die Gefilde der dänischen Politik reichen und auch den getöteten Anwalt miteinschließt.

Seit Mai gibt es den dritten Band: Blutland. Aber den müssen wir uns
erst besorgen
dann lesen
dann besprechen.

Foto:
Umschlagabbildungen

Info:
Kim Faber, Janni Pedersen, Winterland. Ein Fall für Juncker und Kristiansen, Blanvalet 2021
ISBN 978 3 7645 0724 4
Kim Faber, Janni Pedersen, Todland. Ein Fall für Juncker und Kristiansen, Blanvalet 2021
ISBN 978 3 7645 0729 9

Bisherige Beiträge aus der Krimibiliothek
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/26109-weibliche-ermittlerinnen-von-val-mcdermid
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/26093-ben-creed-und-g-d-abson-lassen-in-st-petersburg-ermitteln