Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es ist der Ton! Der Ton, der die Musik macht. Sie schlagen das Buch auf, wissen, daß es nicht der letzte Roman des im Dezember 2020 verstorbenen Spionage-Großmeisters ist, sondern ein beiseite gelegtes und nun vom Sohn redigiertes Manuskript und sind sofort in Carrès Welt, nicht nur des literarischen Personals wegen, Büchernarren wie wir alle, sondern der Sprache wegen, wie die Worte perlen, wie sie ihren Gang nehmen, uns einfangen in eine doppeldeutige, ja vielfachdeutige Welt, schachmatt setzen.
Ja, zugegeben, mehrmals las ich und las, nahm jedoch gar nicht den Inhalt auf, sondern war dem Sound verfallen, den John le Carré so unnachahmlich beherrscht, womit er mich beherrscht. Doch ruft man sich zur Ordnung und sagt sich, um was geht‘s hier: Handlung!?, kommt schon wieder ein Gefühl dazwischen. Wie immer nämlich, fühlt man sich als Leser seinen merkwürdigen bis makabren Figuren gegenüber überlegen. Das ist auch so ein literarischer Trick von John le Carré, wie er uns fesselt, weil die geschilderte Welt der Geheimdienste, natürlich wieder vorrangig des britischen Secret Service, derart abstrus und auch in Ehren ergraut und schon jenseitig erscheint, daß sich die Leserin erhaben fühlt und damit genau in die Fall getappt ist, die der Autor vorbereitet hat. Denn das Unglück, das auf der Stelle Treten der hier vorgeführten Rentnerriege der Abwehr liegt ja gerade in ihrer Arroganz, sich erhaben zu fühlen. Gleichzeitig ist es das einzige, was ihnen von ihrem einst aufregenden Leben bleibt: einmal ein Spion, immer ein Spion! Tuen wir also, so als ob.
Um was es im Roman wirklich geht? Keine Ahnung. Es scheint so, als ob der noch tätige Geheimdienstler Stewart Proctor in seinem Londoner Safe House die Fäden spinnt. Seine lange namenlose Agentin liegt im Sterben, ihre Tochter Lilly überbringt ihm einen Brief und hat – versprochen! – mit niemandem darüber geredet, denn das hatte die todkranke Mutter ihr aufgetragen. Nein, auch mit dem Vater nicht. Daß der auch ein Spion dieser ehrenwerten Gesellschaft ist, erfahren wir erst später. Denn neben der aufgebrachten Lilly kommt gleich der nächste jugendlich Wirkende ins Spiel: Julian Lawnsley . Er ist 33 Jahre – seit Jesus Christus ein verdächtiges Alter – und hat seine Karriere schon hinter sich, die er sogar freiwillig beendete. Er war großverdienender Banker in London, hat mit dem Unsinn aufgehört und sich in ein kleines „Küstenstädtchen an den äußeren Gestaden von East Anglia“ zurückgezogen, wo er eine Buchhandlung übernahm und diese zur wahren Bedeutung aufzieht. Nicht, weil er Literaturkenner sei, sondern weil ihm scheint, daß Bücher etwas Nützliches sind und ihn mit dem richtigen Leben konfrontieren, weshalb er auch im ersten Stock ein Café einrichtet.
Doch der Alltag, kein Strom, kein Wasser, unzuverlässige, bzw. gar keine Handwerker macht ihm das Leben schwer. Und nun kommt jener Herr im Homburger und Regenmantel ins Spiel, der so verdächtig vor dem Laden Lawndsleys Besser Bücher herumlungert und ihn dann doch betritt, etwa sechzigjährig mit vollem weißen Haar, Edward Avon, in dem, ich kann nicht anders, immer wieder ein alter ego des Autors durchschimmert. Schon, weil er die Frauen verehrt. Wegen ihrer Schönheit und ihres Verstandes. Er ist der Ehemann der uns zuvor noch namenlosen Spionin, die im Sterben liegt, Deborah, mit Tochter Lilly.
Edward wird der väterliche Berater des unerfahrenen Buchhändlers, schwatzt ihm eine Porzellansammlung auf – was es mit dieser wirklich auf sich hat, scheint mir beim Redigieren des Buches verloren gegangen zu sein, aber es liest sich spannend! - und bedient sich an dessen Rechner, die später – deshalb, weil Edward an ihnen zu Gange war – geklaut werden. Vom Geheimdienst. Na, klar. Von Anfang an liegt eine Erwartung in der Luft, daß die so banal klingenden Ereignisse einer mehrdeutigen Explosion entgegengehen.
Edward hat nicht nur seine kranke, aber sehr bedeutende Frau zu Hause, sondern in London auch eine weitere schöne Frau, die ihm zugetan ist. Der gute Julian staunt, was sich hinter so altväterlicher Fassade da alles versteckt. So ein wenig bewegt er sich wie im Labyrinth des Minotaurus, nur daß Lilly, die er längst kennengelernt hat, nicht den roten Faden der Ariadne spinnt. Sonst aber sind es diese beiden, sich sacht ineinander verliebenden jungen Leute, die Carré als Gegenentwurf seinen überkommenen und verkommenen Spionageleuten entgegenstellt, die hier noch einmal einen derart bizarre Danse Macabre aufführen, daß es nur so eine Lust ist. Mehr wird nicht verraten.
P.S.
Das Erscheinen des Romans im Herbst 2021 ist auch eine Hommage an den 90. Geburtstag von John le Carré am 19. Oktober und eine runde Sache, wenn sich mit seinem 25. Roman ein Jubiläum von 60 Jahren feiern läßt: 1961 erschien Carrés erster Roman SCHATTEN VON GESTERN. Sein erster Welterfolg DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM, war 1963 sein dritter Roman, sein dritter George-Smiley-Roman.
Fortsetzung folgt
DIE KRIMIBESTENLISTE IM NOVEMBER
1 (1) Garry Disher: Moder
Aus dem Englischen von
Ango Laina und Angelika Müller
Pulp Master, 302 Seiten, 14,80 Euro
Sydney. Wyatts Verbrecherkompetenz zum Trotz: Die Jagd nach dem Fluchtgeld
des Großbetrügers Tremayne läuft aus dem Ruder. Ein zäher Bulle, Afghanistanveteranen,
starke wie schwache Gierschlünde durchkreuzen auch die coolste
Operation. Prima Wyatt-Thriller, Showdown im Pazifik. Disher hat’s drauf.
2 (–) John le Carré: Silverview
Aus dem Englischen
von Peter Torberg
Ullstein, 252 Seiten, 24 Euro
East Anglia, London. Zwei junge hilfsbereite Handlanger, drei alte Spione – das
Personengespinst in le Carrés letztem Masterpiece. Die Alten jagen nach Maulwürfen
und geheimen, auch moralischen Lecks aus der Vergangenheit, die Jungen
scheren sich kaum drum. Heiter-ironischer Abschied eines ganz Großen.
3 (4) Tana French: Der Sucher
Aus dem Englischen von
Ulrike Wasel und Klaus Timmermannz
Scherz, 496 Seiten, 22 Euro
Irland, im Westen. Cal Hooper, Ex-Detective aus Chicago, hat sich in „Ardnakelty“
zur Ruhe gesetzt. Er genießt das Fremdsein, die rauen Dorfsitten. Bis Trey, dreizehn,
scheu, Außenseiterkind, ihn bittet, den verschwundenen Bruder Bren zu suchen.
Westernmotive pflastern ihren Pfad durch böse Wetter.
4 (–) Elizabeth Wetmore:
Wir sind dieser Staub
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Eichborn, 320 Seiten, 22 Euro
Odessa, Westtexas, 1976. Halb zu Tode vergewaltigt kann die 14-jährige
Mexikanerin Gloria ihrem Peiniger entkommen. Flucht und anschließender Prozess
sind Zentrum vielperspektivischen Erzählens: Die Frauen des Ortes begehren auf,
reißen sprachgewaltig Löcher in die Machowelt, in die sie verstrickt waren.
5 (–) Regina Nössler:
Katzbach
Konkursbuch
348 Seiten, 12.90 Euro
Berlin. Gegen den Verkehr auf der Katzbachstraße oberhalb ihrer Souterrainwohnung
kann sie sich abschotten, gegen unliebsame Menschen noch zum Teil, gegen Überfälle,
ihren übergriffigen Vermieter und den Klotz von Leiche in ihrer Bude nicht.
Autonomie ist immer prekär, aber Isabel kämpft. Literatur auf dem Drahtseil.
6 (9) Hannelore Cayre:
Reichtum verpflichtet
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne/Argument, 256 Seiten, 20 Euro
Paris, Bretagne. Blanche de Rigny, auf obskure Weise Erbin eines Riesenvermögens,
recherchiert ihre persönliche Familiengeschichte aus der einzigen guten Tat ihres
Urgroßvaters. Von der Pariser Kommune bis zur Attacke auf’s moderne Finanzkapital. Mordsmärchen, freche Antigeschichte: Geld stinkt.
7 (3) Ivy Pochoda: Diese Frauen
Aus dem Englischen von
Sigrun Arenz
ars vivendi, 360 Seiten, 23 Euro
South Los Angeles. Siebzehn Frauen starben mit durchgeschnittener Kehle,
Plastiktüte über dem Gesicht. Sprechen sollten sie nicht mehr, nicht gesehen werden,
nur weg. Ivy Pochoda errichtet ihnen ein Memorial aus den Stimmen überlebender
Frauen. Absage an Zynismus und Gewalt in der Stadt der Engel.
8 (–) Carlo Lucarelli: Der schwärzeste Winter
Aus dem Italienischen
von Karin Fleischanderl
Folio, 316 Seiten, 22 Euro
Bologna 1944. Gemischte Machtverhältnisse. Comandante De Luca ist bei der
politischen Polizei und soll drei Morde für drei Auftraggeber aufklären, für die
Resistenza, für die Nazibesatzer und für die Faschisten. Paradox: Alle brauchen den
unbestechlichen Ermittler. Tolles Stück über Macht und Wahrheit.
9 (10) Frank Göhre:
Die Stadt, das Geld und der Tod
CulturBooks
160 Seiten, 15 Euro
Hamburg. „Die politische Elite total verfilzt und versumpft.“ Bestes Terrain für den
rumänischen Clan der Radus: Immobilien, Geldwäsche, Drogen, hin und wieder
ein Mord, nützlich oder aus Leidenschaft. Ein Mann ohne Chance sucht die Mörder
seines Sohnes. Harte Schnitte: Keiner schreibt wie Göhre.
10 (–) Ursula Hasler:
Die schiere Wahrheit
Limmat
344 Seiten, 29 Euro
Saint-Jean-de-Monts. In diesem Seebad könnten sich Friedrich Glauser und der von
ihm verehrte Georges Simenon 1937 getroffen haben. Hasler bringt die beiden ins
Gespräch über’s Schreiben – und legt ihnen gleich an Ort und Strand einen Toten hin.
Zum Ausspinnen und Ermitteln. Beachtenswertes Experiment.
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO?
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Die zukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online für die FAS verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 18 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Rezensionen der Vormonate
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im April 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21737-unter-den-auf-der-liste-verschwundenen-auch-der-solist-von-jan-seghers
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21748-frederick-forsyth-die-akte-odessa-piper-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21764-merle-kroegers-die-experten-weiterhin-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21801-die-sechs-neuen-krimis-auf-der-liste
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21802-tom-hillenbrand-montecrypto-bei-kiwi-neu-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21825-simone-buchholz-mit-river-clyde-auf-platz
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21839-die-zwei-schwestern-von-chan-ho-kei-auf-platz-9
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21851-blacktop-wasteland-von-s-a-cosby-auf-platz
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Mai 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22067-david-peace-tokio-neue-stadt-von-liebeskind-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22216-verabschiedung-der-vier-ausgeschiedenen-wie-orkun-ertener
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22235-vor-gericht-von-matthias-wittekindt-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22234-senkrechtstarter-tokio-neue-stadt-von-david-peace-auf-platz-1
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juni 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22548-david-peace-mit-tokio-neue-stadt-weiterhin-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22549-die-ausgeschiedenen-kroeger-wittekindt-melo-cosby-mcbride
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22600-typisch-england-der-donnerstags-mordclub-von-richard-osman-neu-platz-10
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22601-typisch-england-weiter-himmel-von-kate-atkinson-stuermt-auf-platz-4
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juli 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22645-zwei-deutsche-krimis-vorneweg-von-johannes-groschupf-und-friedrich-ani
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22646-die-ausgeschiedenen-um-landnahme-von-sara-paretsky-tut-es-einem-leid
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https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22685-letzte-ehre-von-friedrich-ani-auf-platz-2
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im August 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22932-sieben-neue-krimis-auf-der-liste
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im September 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Oktober 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23374-der-neue-ist-der-alte-aber-neu-garry-disher-mit-moder-bei-pulp-master
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im November 2021
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Wiener Leo-Perutz-Preis:
www.kriminacht.at
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/23466-anne-goldmann-gewinnt-mit-alle-kleinen-tiere
DIE KRIMIBESTENLISTE IM NOVEMBER
1 (1) Garry Disher: Moder
Aus dem Englischen von
Ango Laina und Angelika Müller
Pulp Master, 302 Seiten, 14,80 Euro
Sydney. Wyatts Verbrecherkompetenz zum Trotz: Die Jagd nach dem Fluchtgeld
des Großbetrügers Tremayne läuft aus dem Ruder. Ein zäher Bulle, Afghanistanveteranen,
starke wie schwache Gierschlünde durchkreuzen auch die coolste
Operation. Prima Wyatt-Thriller, Showdown im Pazifik. Disher hat’s drauf.
2 (–) John le Carré: Silverview
Aus dem Englischen
von Peter Torberg
Ullstein, 252 Seiten, 24 Euro
East Anglia, London. Zwei junge hilfsbereite Handlanger, drei alte Spione – das
Personengespinst in le Carrés letztem Masterpiece. Die Alten jagen nach Maulwürfen
und geheimen, auch moralischen Lecks aus der Vergangenheit, die Jungen
scheren sich kaum drum. Heiter-ironischer Abschied eines ganz Großen.
3 (4) Tana French: Der Sucher
Aus dem Englischen von
Ulrike Wasel und Klaus Timmermannz
Scherz, 496 Seiten, 22 Euro
Irland, im Westen. Cal Hooper, Ex-Detective aus Chicago, hat sich in „Ardnakelty“
zur Ruhe gesetzt. Er genießt das Fremdsein, die rauen Dorfsitten. Bis Trey, dreizehn,
scheu, Außenseiterkind, ihn bittet, den verschwundenen Bruder Bren zu suchen.
Westernmotive pflastern ihren Pfad durch böse Wetter.
4 (–) Elizabeth Wetmore:
Wir sind dieser Staub
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Eichborn, 320 Seiten, 22 Euro
Odessa, Westtexas, 1976. Halb zu Tode vergewaltigt kann die 14-jährige
Mexikanerin Gloria ihrem Peiniger entkommen. Flucht und anschließender Prozess
sind Zentrum vielperspektivischen Erzählens: Die Frauen des Ortes begehren auf,
reißen sprachgewaltig Löcher in die Machowelt, in die sie verstrickt waren.
5 (–) Regina Nössler:
Katzbach
Konkursbuch
348 Seiten, 12.90 Euro
Berlin. Gegen den Verkehr auf der Katzbachstraße oberhalb ihrer Souterrainwohnung
kann sie sich abschotten, gegen unliebsame Menschen noch zum Teil, gegen Überfälle,
ihren übergriffigen Vermieter und den Klotz von Leiche in ihrer Bude nicht.
Autonomie ist immer prekär, aber Isabel kämpft. Literatur auf dem Drahtseil.
6 (9) Hannelore Cayre:
Reichtum verpflichtet
Aus dem Französischen von Iris Konopik
Ariadne/Argument, 256 Seiten, 20 Euro
Paris, Bretagne. Blanche de Rigny, auf obskure Weise Erbin eines Riesenvermögens,
recherchiert ihre persönliche Familiengeschichte aus der einzigen guten Tat ihres
Urgroßvaters. Von der Pariser Kommune bis zur Attacke auf’s moderne Finanzkapital. Mordsmärchen, freche Antigeschichte: Geld stinkt.
7 (3) Ivy Pochoda: Diese Frauen
Aus dem Englischen von
Sigrun Arenz
ars vivendi, 360 Seiten, 23 Euro
South Los Angeles. Siebzehn Frauen starben mit durchgeschnittener Kehle,
Plastiktüte über dem Gesicht. Sprechen sollten sie nicht mehr, nicht gesehen werden,
nur weg. Ivy Pochoda errichtet ihnen ein Memorial aus den Stimmen überlebender
Frauen. Absage an Zynismus und Gewalt in der Stadt der Engel.
8 (–) Carlo Lucarelli: Der schwärzeste Winter
Aus dem Italienischen
von Karin Fleischanderl
Folio, 316 Seiten, 22 Euro
Bologna 1944. Gemischte Machtverhältnisse. Comandante De Luca ist bei der
politischen Polizei und soll drei Morde für drei Auftraggeber aufklären, für die
Resistenza, für die Nazibesatzer und für die Faschisten. Paradox: Alle brauchen den
unbestechlichen Ermittler. Tolles Stück über Macht und Wahrheit.
9 (10) Frank Göhre:
Die Stadt, das Geld und der Tod
CulturBooks
160 Seiten, 15 Euro
Hamburg. „Die politische Elite total verfilzt und versumpft.“ Bestes Terrain für den
rumänischen Clan der Radus: Immobilien, Geldwäsche, Drogen, hin und wieder
ein Mord, nützlich oder aus Leidenschaft. Ein Mann ohne Chance sucht die Mörder
seines Sohnes. Harte Schnitte: Keiner schreibt wie Göhre.
10 (–) Ursula Hasler:
Die schiere Wahrheit
Limmat
344 Seiten, 29 Euro
Saint-Jean-de-Monts. In diesem Seebad könnten sich Friedrich Glauser und der von
ihm verehrte Georges Simenon 1937 getroffen haben. Hasler bringt die beiden ins
Gespräch über’s Schreiben – und legt ihnen gleich an Ort und Strand einen Toten hin.
Zum Ausspinnen und Ermitteln. Beachtenswertes Experiment.
Die Krimibestenliste, wo kann man sie lesen, wer erstellt sie, wo wird sie veröffentlicht?
WO? außerhalb von WELTEXPRESSO?
Die Krimibestenliste auf Deutschlandfunk Kultur
www.deutschlandfunkkultur.de
Die Krimibestenliste erscheint nicht mehr am ersten Sonntag des Monats in der Printausgabe: www.faz.net !!! Die zukünftigen Krimibestenlisten 2021 sind allerdings noch nicht einmal online für die FAS verfügbar. In der Vergangenheit veröffentlichte die FAS, die Sonntagszeitung der FAZ, an jedem ersten Sonntag im Monat die jeweilige Liste im Feuilletonteil. Noch einmal im Klartext: Leider gibt es die Liste ab 2021 noch nicht einmal im FAZ-Internet. Ob die FAZ und FAS wissen, welche Einbuße sie damit bei Krimilesern erfahren? Da muß man froh sein, daß der Deutschlandfunk Kultur die Kriminalromane als anspruchsvolles Genre noch nicht aufgegeben hat, sondern weiterhin jeden ersten Freitag im Monat die neue Liste bringt, die wir sobald wir können, nachveröffentlichen.
An jedem ersten Freitag des Monats geben also 18 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Die Krimibestenliste war zuvor eine Kooperation der Frankfurter Allgemeinen mit Deutschlandfunk Kultur, der Sender, der nun die Krimibestenliste alleine veröffentlicht und trägt. Das wäre schon für die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Argument, den Rundfunkgebühren zuzustimmen.
Tobias Gohlis, Sprecher der Jury
Volker Albers, „Hamburger Abendblatt“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, ARD
Gunter Blank, „Rolling Stone“
Thekla Dannenberg, „Perlentaucher“
Hanspeter Eggenberger, „Tages-Anzeiger“
Fritz Göttler, „Süddeutsche Zeitung“
Jutta Günther, „Radio Bremen Zwei“
Sonja Hartl, „Zeilenkino“, „Crimemag“, „Deutschlandfunk Kultur“
Hannes Hintermeier, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Alf Mayer, „CulturMag“, „Strandgut“
Kolja Mensing, „Deutschlandfunk Kultur“
Marcus Müntefering, „Der Spiegel“
Ulrich Noller, „Deutschlandfunk Kultur“, „Deutschlandfunk“, „SWR“, „WDR“
Frank Rumpel, „SWR“
Ingeborg Sperl, „Der Standard“
Sylvia Staude, „Frankfurter Rundschau“
Jochen Vogt, „NRZ“, „WAZ“
Wie funktioniert die Abstimmung?
Die Krimibestenliste wird im Auftrag von Deutschlandfunk Kultur durch eine Jury aus Kritikerinnen und Kritikern erstellt.
Es sind die obigen 19 Spezialistinnen und Spezialisten für Kriminalliteratur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die aus der laufenden Produktion monatlich jeweils vier Titel vorschlagen, die sie mit sieben, fünf, drei oder einem Punkt bewerten.
Der so gefundene Punktwert pro Titel wird mit der Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen multipliziert. Daraus wird die monatliche Liste berechnet.
Jedes Jurymitglied darf insgesamt drei Mal für denselben Titel votieren. Voten für Titel, an deren Entstehung oder Vorbereitung man beteiligt war, sind verboten.
Die Titel dürfen nicht älter als zwölf Monate und keine Wiederauflagen, Sammelbände oder Anthologien sein. Unterschiede zwischen Hardcover, Paperback und Taschenbuch werden nicht gemacht.
Im Durchschnitt kommen fünf Titel neu auf die monatliche Liste. Die Ziffer in Klammern gibt den Rang des Vormonats an.
Foto:
Cover
Info:
Rezensionen der Vormonate
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im April 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21737-unter-den-auf-der-liste-verschwundenen-auch-der-solist-von-jan-seghers
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21748-frederick-forsyth-die-akte-odessa-piper-verlag
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21764-merle-kroegers-die-experten-weiterhin-auf-platz-1
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https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21825-simone-buchholz-mit-river-clyde-auf-platz
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/21839-die-zwei-schwestern-von-chan-ho-kei-auf-platz-9
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Mai 2021
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22067-david-peace-tokio-neue-stadt-von-liebeskind-auf-platz-1
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22216-verabschiedung-der-vier-ausgeschiedenen-wie-orkun-ertener
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22235-vor-gericht-von-matthias-wittekindt-auf-platz-4
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/22234-senkrechtstarter-tokio-neue-stadt-von-david-peace-auf-platz-1
Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juni 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Juli 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im August 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im September 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im Oktober 2021
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Besprechungen der Krimibestenliste in WELTEXPRESSO im November 2021
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Wiener Leo-Perutz-Preis:
www.kriminacht.at
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