Neues aus der WELTEXPRESSO – Krimibibliothek, Teil 14
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da kam ich doch ins Grübeln, ob man nun Stefan Ahnhem, den wir schon oft rezensiert hatten, weil sein Kommissar Fabian Risk schon lange im Geschäft ist, ob man denn nun Stefan Ahnhem unter Schwedisch oder seines dänischen Kommissars in Kopenhagen wegen unter Dänisch einsortieren soll. Die Sprache entscheidet und wie sein Kommissar lebt der Schwede in Kopenhagen, aber schreibt in seiner Muttersprache.
Stefan Ahnhem, Meeressarg
Noch immer hat der forsche Kommissar Fabian Risk diesen Verbrecher, seinen und damit Kopenhagens Polizeichef Kim Sleizner nicht ans Messer liefern können. Erpressung, Mißhandlungen, Mord, der Mann erlaubt sich alles, weil er einige in der Hand hat.
Also, ehrlich, das ist schon ein starker Krimianfang, den sich Ahnhem hier leistet. Wir sind am 3. August 2012 beim Mord von Erica Andersson dabei. Sie fährt mit Mikkel, den sie erst jüngst kennenlernte auf einem Kajak. Sie kann nicht schwimmen, ist das Gegenteil von dünn und hat eine Riesenangst, als Mikkel gegen ihren Willen auf’s offene Meer zulegt. Sie hat schon keine Kraft mehr zum Paddeln. Aber er bestimmt, was geschieht. Das ist sie nicht gewöhnt. Dieser Mikkel hat sich zudem negativ verändert, findet sie und auf einmal weiß sie, der hat Absichten. Keine guten. Und da passiert es, sie kentert, ist unter Wasser. Das war’s also. Denkt sie und die Leserin mit ihr.
Mitnichten. Denn sie wird gleich von Mikkel aus dem Wasser gezogen, was sie aber unter Wasser gesehen hat, war kein Wahn, sondern Wirklichkeit: ein gesunkenes Auto, auf der Rückbank eine nackte schwarzhaarige Frau, deren lange Haare hin- und herwogten, am Steuer ein Mann im Smoking mit zermanschtem Kopf.
Das ist einer der trickreichsten Anfänge, die ich im Krimigewerbe kenne, weil der Autor mit der Angst spielt, wo die Angst ganz woanders richtig am Platze ist.
Es geht dann alles seinen Gang. Der Tote ist ein höherer Beamte und Risk ist sich sicher, daß Sleizner seine Hand im Spiel hat. Aber beweisen muß er das können. Das versucht er mit Hilfe seiner früheren Kollegin Dunja Hougard, die verdeckt ermittelt. Spannend bleibt es, weil Ahnhem einfach gute Geschichten kreiert und dazu noch schreiben kann.
Pascal Engman, Rattenkönig
Daß junge Frauen ermordet werden, gehört zu fast jedem Krimi. Darüber müßte man sich auch mal unterhalten, welches Klischee das im Krimigeschäft ist, aber dann kommt die Wirklichkeit daher, wie gerade in Hessen, wo ein junges Mädchen ermordet in einem Badesee aufgefunden wurde. Der Täter sofort gefaßt. Auch in Stockholm geht die Aufklärung rasch vor sich. Wir spüren von der ersten Seite an, daß das Folgen haben wird, daß Emelie, die mit Karim ein Kind hat, sich von diesem trennen will, was sie ihm beim Besuch im Gefängnis sagt, worauf er mit Mord droht und kaum darf er auf Freigang, ist sie schon tot.
Die Lage ist klar, der Fall geklärt. Aber dann werden weitere junge Frauen ermordet, immer scheint die Täterfrage klar, doch nach und nach kommt es bei Vanessa Frank, die hier in ihrem zweiten Fall ermittelt, zu so vielen Fragezeichen, daß sie sich erst einmal generell mit Frauenmorden beschäftigt, den Femiziden, die in manchen Ländern, gerade in denen, in denen Männer die Herrschaft über Frauen rechtlich zugesprochen wird, oder in Ländern, wo der Machismo wie in Lateinamerika blüht, furchterregende Zahlen erreichen.
Hier ist es ein Mann, der sich in sogenannten Incels herumtreibt, wo Männer den Haß auf Frauen generell schüren. Das sind Männer, die keine Frau abgekommen haben, weil sie sich in irgendeiner Form als häßlich oder eben unattraktiv empfinden, dies aber den Frauen anlasten, daß sie zölibär leben müssen. Denn, eine alte männliche Lesart: Frauen sind an allem schuld. Das ist ein Krimi, der keine kalt läßt. Männer hoffentlich erst recht nicht.
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Umschlagabbildung
Info:
Stefan Ahnhem, Meeressarg, Ullstein Verlag 2021
ISBN 978 3 86493 172 7
Pascal Engman, Rattenkönig. Ein Fall für Vanessa Frank, Tropen Verlag
2021ISBN 978 3 608 50440 8
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