Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. März 2012, Teil 1

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Gerade erst wurde Statistisches zum Filmbesuch 2011 veröffentlicht. Die Deutschen gehen weniger ins Kino als ihre europäischen Nachbarn. Sehr viel weniger. Es sind 1, 6 Mal, während der Durchschnitt 1, 9 beträgt. Zu befürchten ist, daß ein so wundersam zwischen Poesie und Groteske angesiedelter Film, wie der libanesische vom Frauenaufstand, erst in einer Fernsehausstrahlung richtig gewürdigt wird.

 

Lida Bach

 

„Letztes Jahr hatte Christian erwogen, sich zu erschießen.“ Keine Angst, so ernsthaft geht es nicht zu in dem komödiantischen Beziehungsspiel von Ole Christian Madsen. Der Hintergrunderzähler, der die profanen Unterfangen des bis zum Hals in der Midlife Crisis steckenden Weinhändlers Christian (Anders W. Berthelsen), dessen bis zum Hals in der Scheidung steckenden Noch-Ehefrau Anna (Paprika Steen) und beider bis zum Hals in einer infantilen Identitätskrise steckenden Sohnes Oscar (Jamie Morton) erläuternd begleitet, beginnt mit einer gnadenlosen Präzisierung der Gefühlsmarotten des Protagonisten-Trios.

Lida Bach

 

„Die mit ihren idiotischen Seemannslieder und ihren albernen Hüten und ihrem endlosen vermaledeiten Gejohle!“ Die, die Königin Viktoria zu Beginn der cineastischen Kaperfahrt von Animationskünstler Peter Lord verflucht, sind der „Haufen schräger Typen“ die aus den britischen Aardman Studios Kurs auf die Weltleinwände nehmen. Dort sind der Kapitän (Stimme: Hugh Grant), und die Crew aus dem mit dem Schal (Martin Freeman), dem mit Gicht (Brandan Gleeson), dem Albino (Russell Towey) und dem überraschend kurvigen (Ashley Jensen) des grandiosen Seemannsgarns hinter dem Gleichen her wie auf den sieben Meeren.

Lida Bach

 

Besser Arm dran als Arm ab. Das ist die allumfassende Erkenntnis, die das Ensemble kauziger Figuren aus Christian Lerchs Heimatposse gewinnen, und der einzige Trost des Publikums. Für letzte kommt diese Einsicht genauso zu spät wie für Metzgermeister Much. Der fundamentale Einschnitt, der den verschuldeten Kneipenbesitzer (Jürgen Tonkel) vor der Pleite bewahren soll, kostet ihn seinen linken Arm. Das Fleischereigeräte in der Küche, wo Muchs zurückgebliebener Gehilfe Paul (Mathias Kellner) so dumpf Schlachtabfälle walkt wie der Regisseur und Drehbuchautor seinen Plot, schneidet nicht nur Würstchen.

Lida Bach

 

„Du hast einfach etwas an dir, dass so lästig ist.“ Die Worte der bösen Königin (Julia Roberts) gelten nicht nur für den Hofdiener Brighton (Nathan Lane), der in einer deplatzierten Referenz an Franz Kafka in eine Küchenschabe verzaubert wird. Etwas Lästiges hat auch Tarsem Sings Variation von „Schneewittchen“, welche als erste von zwei diesjährigen Filmadaptionen des Grimmschen Märchens in die Kinos kommt, und die Verwandlung, die der indische Regisseur dem Originalstoff aufzwingt, ist ähnlich nachteilig.