DIE SERIENMÖRDER sind beliebt, hier: Cavanagh, Minier

Neues aus der WELTEXPRESSO – Krimibibliothek, Teil 16

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Frage ist auch, ab wann man ein Serienmörder ist und wieso gerade Serienmörder weniger erwischt werden als ein einfach Mörder. Die weitere Frage ist, ob aus der Perspektive der Polizei, eines Unbeteiligten oder sogar des Serienmörders selbst berichtet wird. Der sichere oder unsichere Erzähler ist im Krimi eine handfeste Überraschung, weil allein in diesem Genre die Fakten eine so große Rolle spielen.

THIRTEEN von Steve Cavanagh bei Goldmann

Wenn man schon auf dem Titel oben liest: „Der Serienkiller steht nicht vor Gericht. Er sitzt in der Jury“ und auf einem eingedruckten Aufkleber in Rot liest: ‚„Herausragend. Hoch spannend. Spektakulär.“ Lee Child’, dann ist man hochmotiviert, erst recht wenn man die Krimis um den eigentümlichen Jack Reacher richtig gerne liest wie unsereiner.

Diese Geschichte ist buchstäblich haarsträubend. Den Bock zum Gärtner machen, schlägt in dieselbe Kerbe. Aber davor ist Eddie Flynn. Er ist ein New Yorker Strafverteidiger und bringt sein Wissen als ehemaliger Trickbetrüger mit, deshalb mit allen Wassern gewaschen, die die Verteidigung seiner meist mittellosen Mandanten mit sich bringt. Aber nicht nur das, weil er sich selbst durch einen Fehler um alles gebracht hatte, fühlt er sich nun für die zuständig, die in der Justiz keinen Fürsprecher haben, die so eindeutig klassifiziert werden, daß kein gerechtes Urteil zu erwarten ist. Für die ist er da. Wir haben es mit einem richtigen Justizkrimi zu tun!

Deshalb verteidigt er nun ein reicher junger Schnösel aus Hollywood. Denn da stimmt was nicht. Robert ‚Bobby‘ Solomon ist jung, begehrt und beliebt. Er soll seine Frau und deren Liebhaber umgebracht haben. Für Flynn ist es sein vierter, vom Autor aufgezeichneter Fall, er hat große Erfahrung und das Wichtigste ist sein Gefühl: er glaubt dem Angeklagten, dem die Todesstrafe droht.

Nein, man muß gar nicht im Detail wiedergeben, wie Flynn der erste Verdacht kommt, daß einer der Geschworenen ein falsches Spiel spielt, ein mörderisches. Wie es dem Serienkiller gelingt, Jurymitglied zu werden und die Schuld des Angeklagten mit jedem Atemzug seiner Jury gegenüber zu beteuern, um einen Schuldspruch zu erreichen und wie Flynn seinen Verdacht erhärten kann, ist Inhalt der Geschichte, die in den USA spielt, auch wenn der Autor in Dublin wohnt und erfolgreicher Bürgerrechtsanwalt war.


NACHT von Bernard Minier bei Droemer

Schon interessant, wie unterschiedlich Krimis über einen Serienmörder sind. Dieser hier firmiert als Psychothriller und es geht erst einmal europäisch zu, wenn die Polizistin Kirsten Nigaard auf einer norwegischen Ölplattform Fotos eines französischen Kollegen, des Commandanten Martin Servaz aus Toulouse findet. Da dieser seit Jahr und Tag den flüchtigen Serienmörder Julian Hirtmann zu finden sucht, ist klar, daß dieser eine neue Auflage seines Spiels mit ihm betreibt. Es steckt etwas Persönliches dahinter. Nur was?

Von Seiten des Commandanten ist das Persönliche klar. Denn mit dem Schweizer Hirtmann verschwand auch seine große Liebe Marianne. Das alles wurde nie geklärt, Martin hält ihren Tod für das wahrscheinlichste und jetzt setzt sich das Unbehagen als neue Bedrohung fort. Es geht um einen Jungen, der sein Sohn sein könnte. Immer deutlicher wird in diesem – ebenfalls – vierten Krimi, daß es auf einen endgültigen Kampf hinausläuft, der vielleicht in einem fünften Krimi erfolgt und klärt, wer sich durchsetzt. Natürlich darf es im Krimi normalerweise nicht der Mörder sein. Aber wer weiß, dieser Polizei-Servaz ist immer wieder auch sehr undurchsichtig und wirkt, wie von Dämonen getrieben.

Und es ist nicht alles wie es scheint. Das betrifft vor allem Kirsten Nigaard. Aber immerhin wird Hirtmann in Österreich verhaftet und sitzt im Knast. Nur zeigen die letzten Zeilen, daß er dort nicht bleiben wird. Mit einer Morddrohung macht er sich den jungen Beamten gefügig, der ihm eine Postkarte besorgt, die Hirtmann zu Weihnachten an Servaz schickt, obwohl doch niemand weiß, wo er sich aufhält. Gefügig hatte er sich den jungen Beamten gemacht, weil er dessen Kinder und Frau beim Namen nannte und folgerte, er wolle doch sicher nicht, daß die Tochter von ihm vergewaltigt werde....Man kann also von einem baldigen Ausbruch von Hirtmann ausgehen, doch das wäre der nächste Krimi.

Bernard Minier schreibt literarisch. Er vermag die Düsternis seiner Geschichte beim Lesen unter die Haut kriechen zu lassen. Der Titel heißt nicht nur NACHT, sondern es geht überaus dunkel zu, viel Wald, viel gefährliche Natur.

Fotos:
Umschlagbilder

Info.
Steve Cavanagh, Thirteen. Thriller, Goldmann Verlag, 2022
ISBN978 3 442 49215 2
13 Euro

Bernard Minier, Nacht, Psychothriller, 592 Seiten, Klappenbroschur
ISBN 978 3426 28205 2

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