NS-Aufarbeitung und Homosexuellenverfolgung“ in einer Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts (FBI) in Frankfurt am 11. Januar, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ich kann es nicht mehr hören! Fritz Bauer sei schwul gewesen, tönt es seit Jahren aus dem Institut, das seinen Namen trägt, wobei nur ein einziger Mann diese Behauptung seit Jahren – und seit Jahren vergeblich – zu beweisen sucht. Warum tut Werner Renz das? Um von der politischen Relevanz von Fritz Bauer abzulenken?

 

Eine andere Erklärung habe ich nicht, oder doch nur eine kleine, aber bedeutsame. Denn aufgefallen ist dem Herrn Renz diese angebliche Homosexualität erst, nachdem das Versagen des Instituts hinsichtlich seines Namensgebers deutlich wurde: Ilona Ziok hatte mit ihren Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN auf der Berlinale 2010 Aufsehen erregt und damit – ungewollt, aber für das Institut demütigend - die Deutungshoheit über die Person Fritz Bauers erlangt, sowohl was seinen Werdegang angeht, seine politische Präsenz in der Bundesrepublik, angefangen mit dem sogenannten Remerprozeß, der 1952 erstmals und für immer den Nazi-Staat zum Unrechtsstaat erklärte, einschließlich der Auschwitzprozesse und der Erziehung der Jugend, seine juristischen Reformmaßnahmen und auch die Kommentierung seiner Person durch Freunde und Zeitgenossen.

 

Was blieb dem Fritz Bauer Institut, nachdem auch die von allen Seiten als bedeutsamste Kennerin des Werkes und des Lebens von Bauer, Prof. Dr. Irmtrud Wojak aus guten Gründen das FBI verlassen hatte. Ihre Habilitationsschrift untersucht auf 1000 Seiten alle wesentlichen Aspekte der Person und des Wirkens von Fritz Bauer. Natürlich wäre Frau Wojak genau diejenige gewesen, die als Historikerin auch weitere Fragen zu Fritz Bauer zu beantworten gehabt hätte und nicht der Archivar Werner Renz. Doch Frau Wojak war weg und das Institut hatte noch immer keinen Beitrag zur Wiederbelebung, zur Aktualisierung, zur Deutlichmachung der Person und des Werks von Fritz Bauer geleistet. Und da kam Werner Renz sehr zupaß, daß der Journalist Ronen Steinke eine „Volksbiographie“ von Fritz Bauer verfassen wollte: kürzer gefaßt und spritzig, von der Sprache und vom Inhalt her.

 

Und in diesem Buch konnte man zum ersten Mal Interpretationen darüber lesen, was als Dokument schon im Buch von Irmtrud Wojak abgedruckt war: ein Polizeiprotokoll aus Dänemark, einen Monat nach Bauers Flucht. Wir haben darüber schon so oft darüber geschrieben - es „hängt uns wie gesagt zum Halse raus“ – unten sind die Belegartikel, die aufzeigen, wie viele Ursachen es für dieses Protokoll geben kann, schließlich wollten die Nazis den entlaufenen Bauer gerne wieder heim ins Reich holen. Aber in der Tat blieb dieses eine Polizeiprotokoll das einzige „Beweismittel“, das bis heute noch überall für die unsägliche Behauptung herhalten soll, Fritz Bauer sei schwul gewesen. Aufgepaßt. Wenn er es gewesen wäre, wäre das völlig in Ordnung. Da er es aber nicht gewesen ist, ist dies nicht nur Rufmord, sondern man fragt sich völlig konsterniert, warum dies zum Thema gemacht wird. Nur damit Werner Renz auch eine Spur hinterläßt?

 

Doch, wieso kann ein einzelner Mann eine solche Bedeutung der Bauerexegese erlangen? Weil andere am Institut nicht mehr da sind? Daß dann die Fritz Bauer Ausstellung von 2014, die nun also endlich die Deutungshoheit vom FBI zu Fritz Bauer übernehmen wollte, ausgerechnet darin , in der angeblichen Homosexualität Bauers Ausdruck fand, ist meiner Meinung nach – und das ist inzwischen meine feste Überzeugung – darauf zurückzuführen, daß sich Werner Renz bei seinem damaligen Dienstvorgesetzten Raphael Gross beliebt machen wollte, der Jude und schwul für Bauer nun die Nachhut darstellte, historisch korrekt Fritz Bauer als Vorläufer von Raphael Gross. Wir hörten gerne eine andere Erklärung.

 

Das ist nun kurz zusammengefaßt meine persönliche Interpretation, die gestützt ist zum einen auf das Verhalten von Raphael Gross, der mir auf meine Vorhaltungen in der Pressekonferenz zur Ausstellung, daß diese Vermutungen seitens des FBI unglaubliche Geschichtsklitterung und ohne konkrete Beweise seien, kurzerhand den Zugang zur Eröffnungsfeier verbot, indem er sich wie Zerberus den Eingang „bewachte“ und mich anzischte: „Sie kommen hier nicht rein!“. Dieses Verdikt unterlief ein unerschrockener Herr, der mich lange kennt und gleichzeitig den Förderverein Fritz Bauer repräsentiert, indem er mich an seine Seite nahm und mit mir hineinging.

 

Es bleibt dabei: Werner Renz sucht auf Teufel komm raus nach irgendwelchen Beweisen für die von ihm leichtfertig und nachhaltig, ja geradezu wahnhaft erhobene Unterstellung, Fritz Bauer sei homosexuell gewesen.

 

Wir kennen nicht nur die Aussagen von Freunden (noch lebend: Charly Bringer, Ilse Staff, Lelle Franz), die Werner Renz und seine Theorie für lachhaft halten. Wir kennen vor allem einige derjenigen, die vom Archivleiter auf der Suche nach Beweiszipfelchen angeschrieben, antelefoniert, bedrängt und mißbraucht.werden. Dazu gleich mehr.

 

 

Info:

 

NS-Aufarbeitung und Homosexuellenverfolgung
Ein Gespräch mit Filmausschnitten aus »Der Staat gegen Fritz Bauer«

Montag, 11. Januar 2016, 18:15 Uhr

Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend
Norbert-Wollheim-Platz 1, Casino am IG Farben-Haus, Raum 1.811

mit Dr. Nicolas Berg, Frankfurt am Main/Leipzig, apl. Prof. Dr. Werner Konitzer, Frankfurt am Main und Dr. Andreas Pretzel, Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

Artikel in Weltexpresso, speziell zu diesem Thema

 

Geburtstagsfeier in der Loge am 16.Juli 2014

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3208:heute-in-der-finkenhofstrasse-17&catid=80:heimspiel&Itemid=472

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3204:ein-kleiner-und-ein-grosser-rufmord&catid=80:heimspiel&Itemid=472

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3205:eine-polizeiakte-als-einzige-quelle&catid=80:heimspiel&Itemid=472

 

 

 

Zur morgigen Veranstaltung

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6280:das-missvergnuegen-eines-erbsenzaehlers&catid=88&Itemid=497

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6281:nestbeschmutzer-vom-dienst&catid=88&Itemid=497

 

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6301:vergebliche-suche-nach-beweisen&catid=88&Itemid=497

 

 

 

Filmbesprechungen und Interview zu DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER

 

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5659:interview-mit-bauerdarsteller-burghart-klaussner&catid=79&Itemid=471

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5658:interview-mit-regisseur-lars-kraume&catid=79&Itemid=471

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5660:ein-suechtiger-wurzelsepp-als-staatsanwalt&catid=79&Itemid=471

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5655:der-staat-gegen-fritz-bauer-oder-der-jude-ist-schwul&catid=79&Itemid=471

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5654:fritz-bauer-als-karikatur-seiner-selbst&catid=79&Itemid=471

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php?option=com_content&view=article&id=5653:das-fbi-als-sachwalter-von-fritz-bauer&catid=79&Itemid=471